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Wolfgang Maderthaner, Generaldirektor des österreichischen Staatsarchivs
Modern times #1
Dokument 26
Mit der Reformpolitik Maria Theresias in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts findet das Gedankengut der Aufklärung in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft seinen Niederschlag. Nicht zuletzt die Schulreform gilt als Fingerzeig möglicher Selbstbestimmung jenseits von Geburt und Stand.
Die im frühen 18. Jahrhundert erlassene, später als Pragmatische Sanktion bekannt gewordene Abfolge von Gesetzen markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Macht-, Staats- und Selbstverständnis der Dynastie Habsburg. Und zwar weg von der Berufung auf den symbolischen Universalismus des Heiligen Römischen Reiches hin zu einem um die Kernländer gruppierten, einheitlich-zentralistischen Territorialstaat – einem „Totum“, wie es bereits Prinz Eugen Leopold I. gegenüber als Zielvorstellung formuliert hatte. Die (endgültige) Entmachtung der Stände, die Zentralisierung der Verwaltung, der Aufbau einer funktionsfähigen, professionellen Bürokratie und eines stehenden Heeres auf Grundlage des Konskriptionssystems kennzeichnen diesen Prozess. Während aber die fürstliche Gewalt in den Erblanden absolut gestärkt und die Gegenreformation zum Sieg geführt wird, wird die römisch-deutsche Kaiserwürde sukzessive zum inhaltsleeren Titel. Die protestantischen Länder Norddeutschlands erringen de facto ihre vollständige Unabhängigkeit; in Preußen erwächst mit Friedrich II. ein ebenso bedeutender wie aggressiver Konkurrent.
Die demütigende Niederlage im Erbfolgekrieg (1740–1748) gegen den Hohenzoller’schen Erzrivalen – mit gerade einmal einem geschätzten Drittel der Finanzkraft und einem Sechstel der Bevölkerung – führte zum Verlust Schlesiens und und seines Handelszentrums Breslau. Das beraubte das Habsburgerreich nicht nur einer prosperierenden und ökonomisch hoch entwickelten Provinz, sondern stellte das weitere Schicksal der Dynastie überhaupt zur Debatte – umso mehr, als die neue böhmische Hocharistokratie sich bei erster Gelegenheit durchwegs als illoyal erweisen sollte. Schlesien konnte, trotz einer Allianz mit Frankreich und Russland und erdrückender numerischer Überlegenheit – die mit ungeheuren Verlusten einherging – auch im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) nicht zurückerobert werden. Ein doppelter Schock und Auslöser für Maria Theresias umfassende, von den Kanzlern Haugwitz und Kaunitz administrierte Staatsreform mit dem Ziel einer nachhaltigen Modernisierung und kompletten Reorganisation des Regierungs- und Staatsapparats.
Was in den sozialen und ökonomischen Entwicklungen seit Jahrzehnten angelegt war, wird durch die Theresianischen Reformen zu konkretem, „gesatztem“ Recht. Die Ständeversammlungen verkommen zu symbolischen Inszenierungen ohne reale politische Kompetenzen, die alten ständischen Sondergebilde verschwinden, die durch die Pragmatische Sanktion für unteilbar erklärten Länder werden zu einem einheitlichen Wirtschafts- und Rechtsgebiet zusammengefasst, aus einem Konglomerat von „Landschaften“ entwickelt sich ein seiner Tendenz nach territorial integriertes Staatsgebiet. Seit der Aufhebung der böhmischen Reichskanzlei 1749 regieren in den Ländern der Böhmischen Krone wie in den Alpenländern dieselben Zentralbehörden; unter der „Kaiserin“ beginnen zudem – auf der Basis des römischen Rechts und beeinflusst vom bürgerlich-aufgeklärten Naturrecht – die Kodifikationsarbeiten zu einer Vereinheitlichung des Rechtswesens, das den Bedürfnissen „moderner“ Produktions- und Reproduktionsverhältnisse angepasst ist. Der Zentralisierung entspricht die angestrebte Germanisierung, und 1755 werden die böhmischen und die Alpenländer (mit Ausnahme Tirols) zu einem Zollgebiet – einer Art Freihandelszone – vereinigt, in der sich sehr früh schon Spezialisierung und Arbeitsteilung herauskristallisieren: Wolle und Glas in Böhmen, Tuch in Mähren, Eisen in der Steiermark, Galanterie- und Luxuswaren in Wien.
Ein weiterer Faktor gewinnt im Prozess der Staatsbildung signifikante Bedeutung: Zum einen hatte der Siebenjährige Krieg die Monarchie mit überaus hohen Schulden belastet. Zum anderen bot die Erbschaft nach Franz I. Stephan von Lothringen – Gemahl Maria Theresias, römisch-deutscher Kaiser seit 1745 und hervorragender Finanzmanager – der Dynastie einen erweiterten finanziellen Spielraum. Sobald also das Staatsvermögen dramatisch überschuldet war, schieden die Habsburger ihr bis dahin nicht gesondert ausgewiesenes Familienvermögen aus – und schufen damit erst den Staat als ein selbstständiges, vom Landesfürsten unterschiedenes Vermögenssubjekt: den Staat als juristische Person also. Nicht der Staat, so könnte man pointiert formulieren, hat die Staatsschuld begründet, sondern vice versa die Staatsschuld den Staat. Zugleich wurden damit, in ihren ersten effizienten Ansätzen, das Bankenwesen und die Börse begründet – zentrale Instrumente der „ursprünglichen Akkumulation“, Voraussetzung zur Anhäufung großer Vermögen, Basis der partiellen, antifeudalen Interessenkoalition zwischen fürstlichem „Absolutismus“ und einem (hierzulande häufig – etwa aus der Schweiz oder aus England – importierten) unternehmenden Bürgertum.
Was auch immer jeweils die genaueren Intentionen Maria Theresias gewesen sein mögen: In den 1770er-Jahren gab es praktisch keinen Bereich des öffentlichen und politischen Lebens, der von ihren Reformen unberührt geblieben war – von der Bildung über die Landwirtschaft bis zur Rechtsordnung, von der Wirtschafts- und Infrastruktur- bis hin zur Kirchenpolitik. Es würde diesem enormen Reformwerk allerdings nicht gerecht werden, wollte man es ausschließlich nach seinen organisatorischen, administrativen oder finanzund steuertechnischen Aspekten beurteilen. Denn in wesentlichen Punkten greift es weit darüber hinaus. Das aufgeklärte Denken des 18. Jahrhunderts stellte einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Wohlstand von Gesellschaften und ihrer militärischen Stärke her. Es galt somit, die Produktivität des zentralen Faktors der zeitgenössischen Volkswirtschaften – der nach wie vor in feudalen Abhängigkeitsverhältnissen verharrenden Bauernschaft – markant zu erhöhen, und damit letztlich ihre Steuerleistung. In diesem Kontext ist auch die Schulreform Maria Theresias zu sehen, die auf die unteren sozialen Schichten abzielte; vor allem aber auch ihr Reformwerk zugunsten einer hörigen, ihrer Grundherrenklasse scheinbar unabänderlich ausgelieferten Bauernschaft. Damit stellte Maria Theresia die traditionellen, angeblich gottgewollten sozialen Hierarchien infrage und deutete – ob ihr und ihrem Beraterstab dies nun bewusst gewesen sein mag oder nicht – die Möglichkeit einer alternativen Ordnung jenseits von Stand und Geburt an.
Es ist ein völlig neues Verständnis des Individuums, das hier – wenn auch nur vage und verschwommen – erste Gestalt anzunehmen beginnt; eine Transformation vom Untertanen hin zum Staatsbürger, dessen Rechte und Pflichten aus einer unmittelbaren, nicht der Grundhoheit unterworfenen (nicht „mediatisierten“) Beziehung zum zentralisierten Einheitsstaat erwachsen. Zwar stand die wenig später von der Französischen Revolution so vehement eingeforderte Kategorie der „Gleichheit“ vor Staat und Gesetz niemals zur Debatte, doch einige wesentliche Aspekte der theresianischen Reformpolitik weisen in eben diese Richtung. Maria Theresias Söhne Joseph II. und Leopold II. werden daraus durchaus radikale Schlussfolgerungen ziehen.
– Wolfgang Maderthaner –
Politisches Testament Maria Theresias
Dokument 26
„Memoire von Ihrer Majestät der Kaiserin von allem was sie seit Antritt ihrer Regierung unternommen und angeordnet hat“: Das „politische Testament“ Maria Theresias, 1750/51.
Dokument 26
AT-OeStA/HHStA KA KFA (212 Politisches Testament Maria Theresias 1750/51)
Politisches Testament Maria Theresias
Dokument 26
Aus mütterlicher Wohlmeinung zu besonderen Nutzen meiner Posterität verfaßte INSTRUCTIONS-PUNCTA, welche nach
ihrer Wichtigkeit in verschiedene Abhandlungen abzusondern erachtet. Die erstere solle enthalten den Zustand der Monarchie, wie solche bei Antritt meiner Regierung so in denen innerlichen als äußerlichen Verfassungen befunden. Die andere die Mißbräuche, so bei dieser österreichischen Monarchie unter meinen Vorfahren nach und nach eingeschlichen. Die dritte die Maßreguln, welche in dem neun Jahr gedauerten, so beschwerlichen letzten Krieg beobachtet und durch welcherlei Ursachen bewogen worden, demjenigen, so da geschehen, die Hand zu bieten. 2 Die vierte jene nach erfolgtem Generalfrieden veranlaßte Veränderung in der inneren Verfassung bei denen Hofstellen und in denen Ländern, welche mit dem zur Erhaltung der Monarchie festgestellten Systemate vereinbaret worden. Die fünfte der aus diesfälliger neuen Einrichtung der Posterität zufließende Nutzen, da solches das einzige Mittel, die Monarchie zu befestigen und bei meiner Nachkommenschaft zu erhalten. Die sechste die Notwendigkeit, solche festgestellte Einrichtungen zu Abwendung des eigenen Untergangs beizubehalten, und welcherlei Maximen sich meine Nachfolger zu dessen Erreichung zu gebrauchen haben. Da sich der unvermutete betrübliche Todesfall meines Herrn Vatters höchstseligster Gedächtnüs ereignet und vor mich umb so viel mehr schmerzlich ware, weilen nicht allein selben verehret und geliebet als einen Vattern, sondern als wie die mindeste Vasallin als meinen Herrn angesehen und also doppelten Verlust und Schmerzen empfunden und damahlen die zu Beherrschung so weitschichtiger und verteilter Länder erforderliche Erfahr- und Kenntnüs umb so weniger besitzen können, als meinem Herrn Vattern niemals gefällig ware, mich zur Erledigung weder der auswärtigen noch inneren Geschäften beizuziehen noch zu informieren: so sahe mich auf einmal zusammen von Geld, Truppen und Rat entblößet. Keine Erfahrenheit in Aussuchung derer Räten wohnete mir bei, und eben darumben die natürlicher Weise damals gehabte große Timidität und Diffidenz, welche gedachte Unerfahrenheit zur Ursach hatte, die Auswahl deren so sehr benötigten Ratschlägen und Information sehr erschwerete; wie dann in denen letzteren zehen unglücklichen Jahren Ihro Majestät meines Herrn Vatters Regierung nur als ein anderer Particulair die üblen Folgen und Lamenti, die in das Publicum kommen, gehört, ohne zu wissen, warumb und aus was Grund sie kommeten, welches zu selben Zeiten nicht wie jetzund alles auf die Ministri geschoben worden. Mithin nahme die Resolution, meine Unwissenheit nicht zu verstecken, ein jeden in sein Departement anzuhören und mich also recht zu informieren. Graf Sinzendorff, der Hofkanzler ware ein großer Ministre und habe noch mehrer seinen Verlust erst nachgehends empfunden, allein dieser hatte mein Vertrauen nicht. Graf Starhemberg besaße es völlig und venerierte ich ihme recht, obwohlen er nicht so große politische Einsicht als ersterer hatte. Der erste disponierte und informierte mich anfangs von allen, letzterer aber hatte mein völliges Vertrauen. Dieses ginge ganz ruhig und gut, bis Kinsky gekommen, der mich selbsten mit bester Meinung so ir und in solche Unruhen und Konfusionen geworfen, daß aus dieser Tranquillität völlig gekommen und viel chagrin mir zugezogen. Bei welcher Gelegenheit Bartenstein, gegen deme anfänglich recht übel prävenieret ware, kennen lernen, und zwar auf Graf Starhemberg und Herberstein Vorschlag, deme auch also gefunden, wie ihme die ganze Welt, die ihn recht kennet, das Zeugnüs leisten muß, daß er ein großer Staatsmann. Diesen habe nachgehends viel gebraucht, umb meine Brouillerien in Ministerio wieder beizulegen und ein — oder andern zuzureden, welches mich jedoch allezeit in mehreres Labrynth und Finsternüs gezogen, daß nachgehends oft indecis und mefiant wider 3 meinen Charakter worden, daß wann Gott nicht selbst einen Strich gemacht hätte mit Absterbung aller, so wäre niemals in Stand gewesen zu remedieren, weilen lieber selbsten gelitten als violente Resolutiones zu nehmen, die der Ehre und Reputation eines anderen nachteilig waren, wohl zu verstehen, weilen dieses pure Particularungemächlichkeiten vor mich waren und selbige alle ehrlich dencketen; nur wollten sie sich zusammen nicht verstehen, meistens aus Ambition und, umb mehreres zu sagen und zu schaffen zu haben. Diese deren Gedenkensart hat zwar wohl in das Publicum eingeschlagen, jedoch in Hauptsachen niemals in etwas Wichtiges mich abgehalten, wider selbe zu resolvieren, worinnen mich Bartenstein unvergleichlich soutenieret und die Gemüter gewußt zu praeparieren, darumben mich auch völlig seines Rats und Angebens bedienet, dahero er so viel Credit bei mir bekommen, von deme er niemals abusieret, mithin er so viel wie mein Rat bestellet ware, als zur Regierung kame. Gleich anfangs setzte mir vor diese principia zu meiner eigenen innerlichen Direction und zwar mittelst einer aufrechten Meinung und inständigen Gebet zu Gott mich dahin zu befleißen, von allen Nebenabsichten, oder Hoheiten oder Ambitionen oder andern Affecten, nachdeme mich darüber selbsten öfters in Occasionen geprüfet, mich gänzlich zu entfernen, folglich die mir obliegende Regierungsgeschäfte ruhig und standhaft zu unternehmen; wie dann dieses Principium das einzige gewesen, was in denen großen Nöten mich mit dem Beistand Gottes erhalten und die gefaßten Resolutiones befolgen machen, allermaßen in allen meinen Tun und Lassen zur Hauptmaxime erwählet, allein auf Gott zu trauen, dessen Allmacht ohne mein Zutun noch Verlangen mich zu diesem Stande auserwählet, welcher also auch mich würdig zu machen hätte durch meine Aufführung, Principia und Intentiones diesem mir aufgetragenen Beruf nach Erfordernüs vorzustehen und solcher Gestalten seine allerhöchste Protektion vor mich und, die er mir untergeben, beizuziehen und zu erhalten; welche Wahrheit mir täglich vor Augen geleget und reiflich erwogen, daß nicht mir selbst, sondern dem Publico allein zugehörig sei. Da nun nach diesem Grundsatz meine Intentiones jeder Zeit wohl geprüfet, so habe nachgehends alles mit großer Standhaftigkeit unternommen und kräftig soutenieret, wobei so ruhig in meinem Gemüt in denen größten Nöten gewesen, als wann mich die Sachen selbsten gar nichts angiengen; dann mit der eigenen Tranquillität und Vergnügen, wann es die göttliche Providenz dergestalten disponieret hätte, die ganze Regierung alsogleich abgeleget und meinen solchen in Anspruch genommenen Feinden selbsten überlassen hätte, wann dardurch geglaubt, meiner Schuldigkeit nachzukommen, oder der Länder Bestes zu befördern, welche zwei Puncta allezeit meine Hauptmaximen waren. Und so lieb ich auch meine Familie und Kinder habe, dergestalten daß keinen Fleiß, Kummer, Sorgen noch Arbeit vor selbe spare, so hätte jedoch derer Länder allgemeines Beste denen allezeit vorgezogen, wann in meinem Gewissen überzeuget gewesen wäre, daß solches tun könne oder daß dererselben Wohlstand dieses erheischete, indeme sothaner Länder allgemeine und erste Mutter bin. In diesen Umständen fande ich mich ohne Geld, ohne Credit, ohne Armee, ohne eigene Experienz und Wissenschaft und endlich auch ohne allen Rat, weilen ein jeder aus ihnen 4 anvorderist sehen und abnehmen wollte, wohin die Sachen sich wenden würden. In dieser Situation befande ich mich, da von dem König von Preußen feindlich angegriffen wurde. Dieses Königs süße Worte und kräftigste Versprechungen machten sogar meine Ministres irre, maßen man nicht glauben konnte noch wollte, daß der König in Preußen feindlich agieren würde. Dieses von denen Ministris, besonders Sintzendorf hegende Vertrauen, dann meine Unerfahrenheit und guter Glauben waren Ursach, daß die Defensionsveranstaltungen in Schlesien nicht minder die Nachruckung derer nächstgelegenen Regimentern größten Teils negligieret, andurch aber den König in Preußen freie Hand gelassen wurde, das Herzogtum Schlesien sich binnen sechs Wochen zu bemächtigen. Gotter wurde von dem König in Preußen anhero gesendet, als selbter bei Glogau stunde, und bald darauf wirklich schon Herr von Breslau war, welcher proponierete, seinem Herrn ganz Schlesien abzutreten und sofort sich seiner Assistenz gegen alle übrige Successionsansprüche, nicht minder der Beihülfe zu der Kaiserkron vor meines Gemahls Liebden zu versichern. Einige meiner Ministren hielten ratsam, sich mit dem König in Tractaten einzulassen, und zwar Sintzendorff, Harrach und Kinsky, der andere Teil des Ministerii, Starhemberg und Bartenstein, deme ich beigefallen, behauptete, samb die Abtretung eines Stuck Landes, wann solches auch nur aus einigen Fürstentümern bestünde, der Pragmatischen Successionsordnung umb so praejudicierlicher wäre, als hierdurch alle Puissancen als deren Garanteur sich zu einer ferneren Garantie umb so weniger verbunden achten würden, weilen man hiesigen Ortes sothane unzertrennliche Erbfolgen durch den angestoßenen Tractat mit Preußen selbst unterbrochen hätte, der König auch sobald er einen Teil Schlesiens durch eine Konvention erhielte, das übrige oder doch wenigstens dessen größten Teil pro indemnisatione seiner nach deren Maß zu leistenden Hilfe an sich ziehen dürfte. Die Werke haben es auch gezeiget, daß wir recht hatten und dem König es um ganz Schlesien zu tun ware. Das Unglück ware, daß nach Fassung meiner Resolution, die preußische andringende ungerechte Gewalt mit gerechter Gegengewalt abzutreiben, sofort die Entzweiung und Gesinnung meines Ministerii eine stärkere Wurzel fassete, welches allein von meinem gar zu guten Gemüt, allen alles Gute zu tun und zu glauben, den Anfang genommen. Und wollte Gott, ich wäre allein mit denen beeden Ministren Sintzendorf und Starhemberg geblieben, sambt Bartenstein, so wären viele Sachen nicht geschehen und unterblieben, Muß mich in diesem Punkt etwas mehrers aufhalten: Sintzendorf ware ein großer Staatsmann und ware ihme Starhemberg nicht gleich, allein ware er nicht allezeit ohne Nebenabsichten, Praeventiones und Passiones; obwohlen ihme, so lang er mir gedienet, niemals etwas überweisen können, so ware doch seine Conduite nicht gar regulier mit Preußen und die Praeventiones, die man mir gegen selben gegeben, waren die Ursach, warumen mein ganzes Vertrauen auf Starhemberg gesetzt, der ein großer Mann war und gerader Teutscher. Doch hat er nicht vergessen können, daß letzterer ihme bei meinem Herrn Vattern auf die Seite gebracht und und suchte sich an dessen Platz bei mir wieder zu setzen, obwohlen doch niemals auf eine Art, die nicht gerad oder einer Intrigue gleichete. Dieser samt dem Herberstein, damaligen obristen Hofmaister bei mir, der ein Grundehren- und capabler Mann ware, haben mir Bartenstein kennen machen, vor deme sehr übel praevenirter zur Regierung gekommen, muß ihme aber die Justiz leisten, daß ihme allein 5 schuldig die Erhaltung dieser Monarchie. Ohne seiner wäre Alles zu Grund gegangen, dann Starhemberg allein nicht mehr so aktiv ware, und habe erst lang danach erfahren, daß er Bartenstein der einzige ware, der meine Heirat mit Spanien hintertrieben, die Sintzendorf wollte, der allein die Corregentschaft ausgearbeitet und soutenieret hat, die Heirat meiner Frau Schwester geraten und Alles was die Einigkeit und Befestigung dieses Hauses angehete, gesucht zu procurieren, welches doch der Grund und Stein dieses Hauses zu allen übrigen war. Ich sage nicht, daß er ohne Fehler gewesen, welche allein von seinem Temperament hergeflossen und gewiß nicht aus Mangel der Treue und Eifer, auch nicht Ambition, vor das ich stehen kann und schuldig bin, an ihme und denen seinigen alle Zeit zu erkennen recht als ein Schuldigkeit und nicht als ein Gnad. Dies habe müssen zu meiner Satisfaktion setzen, umb denen drei Ministren die Justiz zu leisten, anerwogen alles Übel alleine aus denen Zerspaltungen erwachsen. In der erst angetretenen so beschwerlichen Regierung vermochte unmöglich selbst, die Beschaffenheit und die Kräfte derer Länder zu erforschen, folglich mußte mich dem Einraten meines Ministerii unterziehen, keine mehrere Aushülfe weder in Geld noch an Recrouten von denen Ländern anzuverlangen, zumalen an Seiten des Ministerii beständig vorgeschützet wurde, samb derlei notdürftiges mehre Ansinnen meine antretende Regierung gleich anfänglich auf das äußerste verhasset machen möchte. Solchergestalten ware kein Geld vorhanden, die gegen Preußen destinierte wenige Regimenter mobil zu machen. Und da mich bemüssiget gesehen, zu dessen Vollziehung einige hunderttausend als Darlehne oder subsidia praesentanea von denen particularibus anzuverlangen, so mußte gewahr werden, daß die potentiores ja gar die Ministri selbst sich hierbei merklich zu verschonen trachteten. Überhaupt war an denen fürgekehrten kaltsinnigen und lauen Defensionsveranstaltungen unschuldiger Weise der damalen von mir schon gefundene böhmische Obristcanzler Kinsky schuldig, welcher sich besonders zu Gemüt gezogen und bei mir geltend gemacht, weil solches nicht in Abrede zu stellen war, daß die Böhmen von denen Österreichern allezeit auf die Seiten gehalten worden; wie er dann auch mit Vernunft und Producierung vieler alten Schriften und Deductionen so viel mich eingenommen, daß ihn in das Ministerium wider aller und jeder Einraten gezogen, in der guten Intention, mich als eine wahre Mutter aller mir untergebenen Nationen zu zeigen. Kaum war solches erfolget, so wollte die Vehemenz des Kinskyschen Temperaments sich in keinen Schranken mehr halten. Und obzwar anfangs diesfalls noch zu reussieren mir schmeichlete, so äußerte sich doch nachgehends, daß hierwegen alle meine Hoffnung umbsonst war, gestalten er öffentlich aus Praevention für seine Nation, der er nur allein zu favorisieren sich bemühete, folglich lediglich denen ihme anvertrauten Ländern das Wort redete, sich gegen alle übrige Erblande declarieret, eine ideale Proportion zwischen denen böhmisch und österreichischen Ländern vorschützend, um letztere mehr und erstere weniger zahlen zu machen. 6 Hierdurch entstunde zwischen Ministren, Hofleuten und Nationen eine ziemliche Spaltung, welche eben so bald nicht vermerkete und wie sie nachgehends schon so weit gekommen, weilen zu gut war, auch die damalige Umstände sehr hacklich, nicht standhaft genung unterbrochen, sondern nur Palliativa angewendet, so die Sachen noch mehrers verdorben haben. Dieses ist in der Tat der Anfang des Übels gewesen, dann, obzwar von der Ehrlichkeit und Treue des Kinsky Alles Gutes sagen muß, so ist jedoch auch gewiß, daß dessen Temperament, Vehemenz, Passiones und Patriotismus die wahren Quellen und Ursachen gewesen, die Alles verdorben und ihn Kinsky wider seinen Willen selbst verführet haben; anerwogen, da der Krieg in denen böhmischen Ländern eingefallen, er nicht zugeben wollte, daß allzu viele Truppen selbe überschwemmeten, allezeit in der Idee, daß man von Preußen noch wohl Meister werden könnte; zumalen der Marsch deren schwachen Regimentern, die an der türkisch- und siebenbürgischen Granitz gelegen, sehr langsam vor sich gienge, wie in gleichen die Vorsehungen in denen Ländern sehr kaltsinnig waren. Die Umstände wurden immer betrüblicher und niemand aus dem Ministerio ware bedacht, mich und den Staat auch wegen der Entzweiung derer Länder aus diesen entsetzlichen Ambarras zu ziehen. Demnächst wurden alle Vorschläge, sobald sie denen Ländern nur zu einer wenigen Beschwernüs hätten gereichen können, von denenjenigen, so die Provincialaffären in Händen hatten, sogleich verworfen und ein jeder wollte vor das Seinige sorgen, worgegen mich damalen aus der mir annoch gebrochenen Kenntnüs zu opponieren nicht vermochte. Khevenhüller und Neipperg wurden zu kommandierenden Generalen gegen die Preußen in Vorschlag gebracht, alleine ersterer begehrte viel Regimenter und gesicherte Gelder zu deren richtigen Bezahlung. Neipperg wurde von dem böhmischen obristen Kanzler, mithin von demjenigen portieret, so die Armee zu versorgen übernommen hatte, welcher mit Khevenhüllern gar nichts zu tun haben wollte. Ich resolvierte mich dahero zu letzterem umb so mehr als niemand seiner Kriegserfahrnüs was auszustellen wußte. Dieser begnügte sich mit wenigen und sehr schwachen Regimentern, welche er nebst denen Generalen sich selbst aussuchete, und eben dahero erfolgete, daß teils sehr entfernete Regimenter kommandieret, weit nähere aber zuruckgelassen worden. Ich schmeichlete mir, mittels der guten Harmonie der kommandierenden Generalen und des die Armee zu versorgenden Obristcanzlers viel Nützliches zu bewirken, alleine diese gute Einverständnüs wurde gar bald unterbrochen. Wahr ist es, daß Neipperg über 14.000 Combattans nicht bei sich hatte, jedoch glaubete hiemit auszulangen, und einerseits ware zu Mobilmachung mehrerer Regimenter, da die Länder mit Anlagen gänzlich verschonet bleiben sollten, kein Geld vorhanden und der obriste Kanzler vermeinete durch einen unglaublichen Irrtumb, samb die Länder ohne solche zu ruinieren, nicht vermögend wären, die erforderliche Notdurft für eine mehrer Anzahl Truppen herbeizuschaffen. Andererseits aber, obschon Graf Uhlfeld aus Türkei versicherte, wie von dort aus nichts zu besorgen seie, so wollte jedoch das Ministerium auf den ganz neuerlich daselbst stabilierten 7 Frieden nicht gänzlich vertrauen und funde sowohl diesfalls, als auch wegen dem Mißtrauen die Hungarn selbsten vor bedenklich allzu viele Truppen von der türkischen Granitz wegzuziehen. Überhaupt wurde vermeinet, denen im Streit noch unerfahrenen Preußen mit diesen wenigen Truppen genungsam gewachsen zu sein. Einige Ministri ließen auch ihre Hauptabsicht niemals fahren, die Umstände schlageten in Schlesien glücklich oder unglücklich aus, sich jederzeit und bei erster bester Gelegenheit mit Preußen zu setzen und zu vergleichen. Die Hoffnung, Preußen zu bezwingen, ware dahero umb so reeller, als man gegründete Hoffnung hatte, hierinen die Assistenz von Sachsen und Hannover zu erlangen, hiernächst jene von Rußland noch nicht gänzlich verschwunden ware. Vermutlich dürfte auch erste erfolget sein, wann gleich anfänglich der Krieg in Schlesien mit mehrerer Macht und Vorsichtigkeit wäre unternommen worden. Alleine die obangezeigte Umstände haben diesfällige Lauigkeit an Seiten des Ministerii veranlasset. Wegen weiteren Kriegs mit Bayern wird unten Alles in der Beilage gefunden werden. Die Fehler, so das Ministerium zu Lebzeiten meines Herrn Vatters begangen, fangeten mir zwar an, nicht unbekannt zu werden, allein, ohnerachtet mir alle Mühe gegeben, die Gedenkensart eines jeden in particulari zu ergründen, so habe mir jedoch nicht getrauet, in derlei wichtigen Geschäften besonders bei der anfänglich mir gebrechenden Experienz derselben Meinungen unmittelbar entgegenzuhandlen, vielmehr habe mich bemühet, die factiones zu unterbrechen und die Meinungen möglichster Maßen zu combinieren. Wiewohlen es mir nicht alle Zeit damit gelungen und ehender selbe vermehret, so habe jedoch in denen wichtigsten Beratschlagungen solches zu erreichen gesuchet. Alleine die sich geäußerte Inconvenienzien waren dahero unvermeidentlich, weilen nach der vorgefundenen Verfassung jeder Minister gleichsam den Herrn und Meister in dem ihme übergebenen Departement abgabe, folglich darinnen allein denjenigen, so ihme nicht anständig ware, mit der in Handen gehabten Gewalt contracarieret und nur jenes befolget, so ihme anständig zu sein geschienen oder mit seiner vorgefaßten Meinung zu vereinbaren gewesen. Dieser von so geraumen Zeiten her so fest Wurzel gefaßte Mißbrauch, so bei allen Departements fast gleich zu betreffen ware, wurde von mir zwar gleich anfänglich eingesehen, und wie stark mich auch deme entgegenstellete, so ware doch alles vergeblich und die damalige Zeiten gestatteten mir nicht solches sogleich mit Gewalt abzustellen. Sothane Ministri waren schon meistenteils zu meines Herrn Vatters Zeiten in- und auswärts in großen Ansehen und durch ihre langwierige Dienste, andurch aber sich erworbene Verdienste hatten sich selbte eine große Experienz, dann des Publici Aufmerksamkeit und Vertrauen zugezogen; dahero umb solche Experienz mir zu Nutzen zu machen und sie meistens alte erlebte Ministres und doch Meriten hatten und ehrliche Männer waren, besonders bei damaligen Zeitläuften nicht ihrer entbehren können, andurch aber noch üblere Folgen zu veranlassen, so 8 vermochte deren angewohnte Praepotenz nicht sogleich abzuändern, einfolglich die Sachen noch damalen, so wie sie gefunden, notwendig bis zu einer bequemlicheren Zeit beruhen lassen müssen. Diese angezeigte Umstände führen mich zu der Andern Abteilung, nämlich auf die Mißbräuche, welche bei der österreichischen Regierung unter meinen Vorfahren nach und nach eingeschlichen. Gleichwie die Pietät jene Grundsäulen ist, wodurch ein Regent den göttlichen Segen anhoffen kann, meine Vorfahren auch zu ihren bei der Nachwelt erworbenen unsterblichen Ruhm sich deren besonders befliessen, solcher Gestalten aber die göttliche Gnad und deren kräftigsten Beistand bei denen äußersten Gefahren, so den Umsturz der Monarchie angedrohet, dergestalten sichtbarlich sich zugezogen, daß je größer die Gefahr so wundernswürdiger der angediehene göttliche Beistand gewesen, auch ich selbsten meine gänzliche Erhaltung selben augenscheinlich zu danken habe, hiernächst bei so vieler mir zugedrungenen ganz außerordentlichen Beschwernüssen wahrgenommen, welchergestalten in meinem aufrichtigsten Vertrauen in die göttliche Vorsichtigkeit in keinerlei Wege hilflos gelassen worden: also kann nicht umhin, meine Nachfolger wohlmeinend zu erinnern, diesem Beispiel ihrer Vorfahrer auf das sorgfältigste nachzugehen, folglichen in allen Begebenheiten ihr wahres Vertrauen und gänzliche Zuversicht auf Gott und die von ihm anzuhoffende kräftigste Unterstützung vor allen Dingen jeder Zeit zu setzen und in allen eine reine Meinung ohne Nebenabsichten zu hegen. Dieses aber verstehet sich nicht auf eine Scheinheiligkeit, Gleisnerei oder nicht kräftig mitwirkenden Fleiß, Arbeit und Sorgfalt zu des Staats und gemeinen Besten. Hierbei werde was weniges von meinen Vorfahren melden. Diese haben aus großer Pietät viel und zwar die meisten Cameralgüter und Einkommen verschenket, welches zu selber Zeit zu Unterstützung der Religion und zu Aufnehmung der Geistlichkeit wohl hat geschehen können. Da aber Gott uns jetzund in denen teutschen Erblanden so gesegnet, daß sowohl die katholische Religion die florissanteste, als die Geistlichkeit genugsam und wohl fundieret ist, so fallet dieses Principium hinweg. Und wäre nicht allein nicht löblich, sondern hielte es viel mehr für sträflich, wann an die Geistlichkeit mehrers gegeben und abgetreten würde, weilen einerseits sie solches nicht bedürfen, andererseits aber jene so selbte besitzen, leider! nicht so anwenden, wie sie sollten, und anbei das Publicum sehr bedrucken. Dann kein Kloster in den Schranken der Stiftung verbleibet und viele Müßiggänger angenommen werden, welches alles eine große Remedur noch erfordern wird, wo mit der Zeit und nach guter Überlegung die Sachen weiters auszuführen gedenke. 9 Jedoch nehme von diesfälligen Maßreguln das Königreich Hungarn aus, allwo wegen der Religion noch viel Gutes zu bewirken wäre, worzu der daselbstige Clerus wohl beizuziehen, keinesweges aber allein mit ihnen, sondern hauptsächlich mit Weltlichen, die diesfälligen Grundsätze zu concertieren sein, welche fürnehmlich dahin abzielen müssen, wie die Seminaria, Collegia, Akademien, Spitäler vor die Kranke und Blessierte, Conservatoria vor die ledige Frauen wie in Italien zu besseren Erziehung der Jugend einzuführen: solchem nach sorgfältig dahin den Bedacht zu nehmen, jenes zu unterstützen und zu erweitern, was dem Publico, nicht aber in particulari denen Geistlichen, Mönichen oder Klöstern in allen Ländern zum Nutzen gereichet; wohl verstanden, daß auch diese heilsame Absicht nicht ehender gänzlich zu Stand gebracht werden könne, bis nicht der Militarstand der Notwendigkeit gemäß zu Erhaltung der Monarchie und zum Besten derer Länder und Unterthaner vollständig eingerichtet worden. Welches auch von dem Camerali, wodurch die Hof- und Gesandtschafts-Erfordernüssen der Ordnung und Notwendigkeit nach zu bestreiten seie, nicht minder von dem Schuldenwesen, als woran gleichfalls die Conservation der Monarchie hanget und ohne welche kein Staat bestehen kann, zu verstehen ist. Wann einmal sothane Staatserfordernüsse in Richtigkeit gestellet, so ist ein Landesfürst schuldig zu Aufnahm oder Erleichterung seiner Länder und Untertanen, wie auch derer Armen alles anzuwenden, keineswegs aber mit Lustbarkeiten, Hoheiten und Magnifizenz die einhebende Gelder zu verschwenden. Und obwohlen diese glückselige Zeit nicht erleben dürfte, so hoffe jedoch durch meine so beständige mühesame Bemühung, Sorg und Kummer die Sachen in einen solchen Stand zu setzen, daß, wann Gott seinen Segen darzu gibt, in fünfzig Jahren, auch vielleicht noch eher, man verspüren wird, wie gedacht habe; mithin mich zuversichtlich auf meine Nachfolger verlasse, daß selbe continuieren werden, in denen principiis der Tugend, Gottesforcht, Gerechtigkeit und väterlicher Liebe, Milde und Sorgfalt zu ihren Ländern und Untertanen zu beharren, so man ihnen in ihrer Jugend einzuprägen gesucht. Sollte solches, wo Gott davor behüte, nicht geschehen, so würde wünschen und von Gott inständig bitten, daß, wann frembde und die Feinde selbsten mehrere Verdienste hätten, und für ihre Länder besser sorgeten, daß solche denenselben tausendmal lieber zu Teil werden möchten. Um aber wieder auf meine Vorfahren zurückzukommen, so haben selbige nicht allein die meiste Cameralgüter verschenket, sondern noch darzu von denen in Rebellionszeiten konfiszierten Gütern die Schulden auf sich genommen, die noch wirklich zum Last des Aerarii gereichen. Kaiser Leopoldus fande nicht mehr so viel zu verschenken, alleine die von ihme geführte schwere Kriege haben vermutlich verursachet, daß die noch übrigen Cameralgüter versetzt und verpfändet, auch solches durch die Nachfolger nicht erleichtert worden, dergestalten, daß die vorgefundene Cameralerträgnüsse kaum 80.000 Gulden erreichen, wie dann auch bei meinen Vorfahren die Ministri große Regalien vom Herrn selbst und denen Ländern erhalten, weilen selbte nicht allein der Milde, Gnad und österreichischen Munifizenz gar schmeichelhaft sich gewußt zu gebrauchen und solche hervorzustreichen, auch der Vorfahren hierdurch erworbenen Ruhm denen gegenwärtigen vorzustellen, sondern auch, indem selbige 10 gemeiniglich das Ohr des Landesfürsten sambt der Geistlichkeit besessen, alles erhalten, was sie nur gewollt. Auch hat sich deren Kredit soweit erstrecket, daß sie in denen Ländern mehr geforchten und verehret worden als der Landesfürst selbsten. Und da endlich die landesfürstliche Mittel abgenommen, so haben sich derlei Ministri, umb sich remunerieren zu lassen zu denen Ländern gewendet, woraus sodann deren große Praepotenz erwachsen. Und da endlich die Klagen bis zu dem Landesfürsten gekommen, so ist jedoch ein solcher aus Gnad und Langmut noch einige Zeit zugelassen worden. Und obwohlen die Gelegenheit zu verschenken größten Teils durch vorangezeigten Fürgang hinweggefallen, so wußten jedoch unter Josepho und Carolo sich die Ministri alle Gelegenheiten zu Nutz zu machen, um tunlichermaßen mittelst erhaltener Verschenk- und Versetzungen sich oder die Ihrige begnädigen. Bei allen diesen Kaisern kunte es ohnmöglich sotanen Ministris an Ansehen und Credit gebrechen, weilen jeder Minister in dem ihme zugeteilten Departement werktätig den Souverain abgegeben. Derlei Ministri hatten fast durchgehends in allen Ländern die Stände zu ihrer freien Disposition, allermaßen jeder Ministre, so einem Lande vorstunde, gemeiniglich daselbst am stärkesten begütert, mithin im ständischen Gremio das stärkeste Ansehen und Credit hatte, eben darumben viele aus ihnen alljährlich von denen Ständen reichlich remunerieret wurden. Wollte nun der Landesfürst zur Unterhaltung seiner Armeen und zur Rettung des gemeinen Wesens die erforderliche Subsidia von denen Ländern erhalten, so mußte er notgedrungener denenjenigen Ministris, die allein vermögend waren, ihm solche beizuschaffen das anverlangte Gnädige und Gefällige erweisen. Dieser Zufall nun erteilte denen Ministris einen solchen Credit, daß selbst der Landesfürst solchen zu unterstützen zu Behuf seines eigenen Interesse für nützlich erachtete, anerwogen ihnen Landesfürsten die Erfahrnüss lehrete, daß, wie stärker der bei selbigen erworbene Credit deren Landesvorsteher ware, je mehrer vermochten dieselbe mit denen ansinnenden Postulatis bei denen Ländern durchzudringen. Die dem österreichischen Haus angeborene Milde und Gnad, welche nicht leichtlich gestattet, jemanden seines Dienstes zu entsetzen, wann er sich dessen nicht gänzlich unwürdig gemacht, stellete viel aus ihnen sicher, dem Landesfürsten und dessen Interesse selbst öfters in denen Ländern zu contracarieren, und eben darumen sie Ministri nach der angewohnten Autorität sich schmeichleten, als wann selbte nicht als bloße Ministri wie bei andern Höfen, sondern als Corregenten oder wenigstens als pares curiae anzusehen wären. Kaiser Leopoldus war unter meinen Vorfahrern derjenige, so über seine landesfürstliche Autorität feste Hand hielte und solche contra quoscunque zu maintenieren gedachte, gestalten selbter aus sothaner Bewegnüs mehrmalen die Ministres veränderte, auch wohl gar bewandten Umständen nach mit Ungnaden ansahe. Allein andurch machte selbter die Ministres nur wachtsamer und vermochte nicht in Betracht der beibehaltenen alten Verfassung, die eigene Autorität nebst Abstellung derer selbst eingesehenen Mißbräuchen sicher zu stellen. 11 Der dem abgeänderten succedierende Minister ware, obschon nicht mit denen nämlichen Vorurteilen, jedoch mit des alten Hauptprincipiis sowohl in Verteidigung seiner Autorität als deren seinem Land zuwendenden Vorteilen allerdinges verstanden, daß also mehrmalen mit sotaner Abwechslung nur das Übel ärger gemacht wurde. Ich selbst habe es erfahren, indeme durch sotane Abwechslung weder meine Autorität vermehret noch die vorgefundene Mißbräuche vermindert gesehen. Zwei Ursachen sind, woraus sotane Abusus ihren wahren Ursprung leiten: Die erste bestehet aus dem denen mehresten Menschen angeborenen Eigennutz und Dominierungsbegierde, maßen die Ministri in denen Ländern selbst stark begütert gewesen und eben darumen auch jene, so verändert worden, mit denen vorigen in der ansuchenden Verschonung gleiche Principia geführet, folglich vorzüglich mehrers auf sich und die Ihrige als auf das gemeine Wesen reflectieret. Die andere Ursache bestehet darinnen, daß eben diese Ministri und Vorsteher der Länder dieser letzteren erworbene Privilegia und Freiheiten denen Landesfürsten so schreckhaft vorgebildet, daß dadurch die Rettung des gemeinen Wesens zum öftern hilflos gelassen worden. Um nun jenes von denen Ständen precario zu erlangen, was die höchste Not erforderet, so wurde der Landesfürst gezwungen, sich des Ansehens und Credits seines Ministri zu bedienen, auch selbten die anverlangten Vorzüge gutwillig einzugestehen, um nur sich und den Staat vor dem androhenden Untergang zu retten. Die so hoch angerühmte Privilegia fundieren sich bei der Sachen genauer Einsicht meistens nur auf denenselben werktätig nur connivendo eingestandene und von denen Antecessoribus confirmierte Gewohnheiten, welche Gewohnheiten in Ansehung ihrer von Zeit zu Zeit erfolgten Confirmation lediglich dem Ansehen, Credit und Präpotenz der Ministerii, so gemeiniglich aus lauter Ständen bestanden, beizumessen sind. Und da in denen Confirmationen die Wörter: wohlhergebrachte Gewohnheiten sich ausgedruckter befinden, so kann derenselben Beibehaltung mit guten Recht nur auf die gute, nicht aber die übel hergebrachte Gewohnheiten verstanden werden. Gewiß ist, daß in keinem Lande die Stände ihre Freiheiten jemals so hoch angezogen haben würden, wann nicht selbige von denen Ministris da deren Autorität und Ansehen lediglich davon abgehangen, kräftigst wären unterstützet worden, daran aber hauptsächlich der Hof schuld gewesen, weilen niemals keine Einrichtung in nichts und, umb Geld gleich zu haben, man alles weggeben und getan hätte; allermaßen, sobald der Landesfürst der willkürlichen Gewähr- oder Abschlagung deren Ständen in seinen Ansinnungen nicht unterworfen gewesen wäre, selbter nicht nötig gehabt hätte, deren Ministrorum Credit und Ansehen zu Erfüllung seiner Intention anzuwenden. Dieses ist die wahre Quelle, warum unter meinen Vorfahren zu Schwächung der landesfürstlichen Autorität der Ministren Ansehen und Credit so hoch und über alle billigen 12 Grenzen gestiegen und warumen, in so lange sotane Hauptverfassung fürgedauret, solche zu beeinträchtigen oder zu schmälern nicht für ratsam erachtet worden. Diese Ministri haben den bei dem Landesfürsten praeferenter vor andern erworbenen Credit ferners dahin auch angewendet, umb jenes Land, deme sie vorgesetzet und darinnen begütert waren, dermaßen zu begünstigen, daß die andere Erblande andurch gedrucket und gleichsam angesehen worden, als wann selbige frembde Länder wären, und nicht einem Herren gehöreten. Dieses ware die einzige Ursach, wodurch ehender in das Klare gekommen und nach und nach meine messures genommen, die völlige Abänderung in der Regierungsform vorzunehmen. Der unter ihnen Ministris allstets fürgedauerte Neid, Mißgunst und Verläumbdungen haben zu denen dienstschädlichsten Animositäten, einfolglich zu unheilbaren Präjudiciis Anlaß gegeben, als wordurch die heilsamsten Maßreguln unterbrochen oder zu erteilende consilia mit unzähligen eigensinnigen Vorurteilen meistenteils begleitet und solcher Gestalt der Landesfürst in die äußerste Verlegenheit mehrmalen gesetzet worden. Und gleichwie man viele meiner Vorfahren eines allzu langsamen Fürgang oder Unentschlüßung in denen Landes- und Staatsgeschäften beschuldiget, also ist hieran lediglich die unter denen Ministris stets fürgefallne Disharmonie und die eigensinnige Verfechtung eines jeglichen eigener Meinung die wahre Ursach gewesen, wordurch natürlicher Dinges ein Landesfürst umb so unentschlüssiger werden muß, als er in seiner Meinung zu irren vermuten kann. Diesfällige unter allen Kaisern immerzu fortgedauerte Uneinigkeit des Ministerii hat öfters Land und Leute in äußerste Gefahr des Umsturzes gestellet, aus welchen die göttliche Vorsichtigkeit alleine dieses Haus gezogen und gerettet hat. Nachdeme Ferdinandus die böhmische Rebellion gedämpfet und jene ihme treu gebliebene Ministres und andere mit Geschenken und Wohltaten überhäufet, so haben diese den erworbenen Credit bei denen in Böhmen neu errichtenden Landesordnungen mehr auf die Vorzüge des Landes als das Interesse des Landesfürsten das Absehen gerichtet, wo doch das Land durch die Waffen erworben worden. Die Charge eines oberisten Kanzlers hat respectu deren böhmischen Länder vor den landesfürstlichen Dienst die stärkeste Inconvenienzien und schädlichste Wirkungen nach sich gezogen, maßen der Souverän vor sich selbst oder auf Einraten seiner übrigen Ministres in dortigen Ländern schwerlich was auszuwirken oder geltend zu machen vermochte. Es ware dann, daß der obriste Kanzler mit ihme verstanden ware. Aus diesem nämlichen abusu hat sich natürlicher Dinges ergeben, daß die ganze Kanzlei in Befolgung der Maßreguln eines zeitlichen obristen Kanzlers weit bereitwilliger als jener, so der Landesfürst angeordnet, sich stets geäußert, daraus das nach und nach erschlichene ganz unermeßliche Pouvoir eines 13 ehemaligen böhmischen obristen Kanzlers und, wie nach solches mit der königlichen Autorität und dem Dienst keines Weges compatible seie, genugsam erhellet. Dieses hat jene von meinen Vorfahren vor die große und mächtige in denen Ländern gezeigte Indulgenz und Gnade, obschon diese durch dererselben Milde und Wohltaten zu denen großen Mitteln gelanget, lediglich verursachet, zumalen gewisse Familien durch ihren erworbenen Credit es so weit gebracht, daß diese ansehnliche Chargen, sobald nur aus selbigen einer vorhanden ware, auf solche immer zuruckgediehen, mithin diese präpotente Principia de patre in filium fortgepflanzet worden, einfolglich die gänzliche Supprimierung dieser Obrist-Kanzler-Stelle eine zu Beförderung des Dienstes sehr nützliche Sache ist. Ohne ist es nicht, welcher Gestalt die böhmische Kanzlei weit mehrere Ordnung als die österreichische beobachtet und nicht leichtlich gestattet, daß ihrer Autorität ständischerseits allzu nahe getreten würde, alleine selbe truge kein Bedenken, von denen inneren Landesverfassungen dem Souverain meistens ein Geheimnüss zu machen, mithin zu invigilieren, damit selbter davon nicht allzu genau informieret werde. Dessen Beschönigung mußte sein, hierdurch zu verhindern, damit die Hofkammer sich in die Provincialia nicht einmischen möchte. Und solcher Gestalten ware untunlich, das landesfürstliche Ansehen und Befehle ohne der Kanzlei Einstimmung respektieren und gelten zu machen, mithin die obriste Kanzler Gelegenheit hatten, ihren Credit und gefällige Disposition immer mehrers und mehrers zu befestigen, auch zum öftern solche zum Nachteil derer übrigen Länder zu gebrauchen, welches vice versa auch von denen österreichischen Ländern zu verstehen, wann deren capi an Credit jenen, so die böhmisch zu verstehen, wann deren capi an Credit jenen, so die böhmische gouverniereten, überlegen waren. Und nachdeme das Ministerium meistenteils mehr aus österreichischen als aus böhmischen Ministris bestanden, so haben auch größten Teils die erstere über letztere prädominieret. Diese wahrhafte Umstände haben zu einem eingewurzelten beständigen Haß unter beiden Nationen Gelegenheit gegeben dergestalten, daß von denen Nationalministris bis auf die mindeste Membra oder Kanzleiräte alle sorgfältige Conatus stets angewendet worden, wie eine die andere rechtschaffen unterdrücken möchte. Jedoch hat die österreichische Landsmannschaft es allen übrigen abgewonnen und an Präpotenz alle andere überwogen. Besonders haben die Hungarn solches empfunden, die man in einer allständigen Unterdruckung zu halten gesuchet auch sothane Nation von allen Diensten ausgeschlossen. Der scheinbare Vorwand ware darzu die daselbst fürgewaltete Unruhe und Rebellion usque ad tempus Caroli VI. Alleine die Billigkeit und reine Politique erheischet, die räudige Schafe von der Herde abzusondern, mithin jene, so eine Belohnung verdienen, nicht mit denen unwürdigen in gleicher Verdammnüss zu halten, wodurch notwendig diese in eine Kleinmütigkeit und Desparation versetzet werden müssen. Solchemnach beweise, wienach die Ministri meiner Vorfahren sich keineswegs einer weislichen zu Beförderung des Dienstes gereichenden Politique, sondern nur des erworbenen starken 14 Credits darzu bedienet, um das eigene Convenienz zu befördern und die Ministerialchargen auf ihre Familie und Befreundte fortzupflanzen und dem alten eingewurzelten Gebrauch ihres Vorfahrers zu folgen. Es ware ferners ein großer dienstschädlicher Mißbrauch, daß die Capi und Vorsteher von denen Ständen bezahlet und beliebig remunieret wurden. Andurch verblieben dieselbte von denen Ständen in einer beständigen Dependenz umb so viel mehrer, weilen sie in diesen falschen Principiis alle Zeit erzogen worden. Zu verwundern ist, daß meine Antecessores bei dessen Gestattung die Erhaltung der Monarchie denenselben anvertrauen können. Umb alles dessen überzeuget zu werden, so darf nur die Beschaffenheit derer österreichischen Länder, wie solche bei dem Antritt meiner Regierung befunden, wohl erwogen werden. Diese haben stets nach Wohlgefallen sich selbst gouvernieret, indeme die Kanzlei umb deren Interessen sich wenig oder gar nicht bekümmert und die Annectoten und Landesrechnungen beweisen, daß mehrmalen die mindeste diesfalls angedrohete Einsicht mittels reichlich erteilter Remunerationen und Geschänknüssen, davon man dem Landesfürsten auch öfters seinen guten Anteil gelassen, künstlich abgewendet worden. Das Hauptübel war, daß schon zu selbigen Zeiten mehrere Ministri nur auf ihr eigenes Land gesehen, mithin keiner aus ihnen sich getrauet noch gewollt, das odium an sich zu ziehen, so die Calamitäten, da in dem italiänisch- und hungarischen Krieg alles verfallen war, umb so mehrers vergrößerte, als jeder Minister von dem ihm anvertrauten Land ein mehreres zu begehren sich nicht getrauet; und andurch nahmen die andern Gelegenheit, demselben auf den Leib zu fallen und offentlich zu verschmähen. Und solcher Gestalten wurde der Credit in allen Ländern gehemmet, jedoch mußten die notwendige Erfordernüssen mit Credit bestritten werden: Keine fundi noch Cameralgefälle waren mehr vorhanden, umb verpfänden zu können, folglich Alles auf Credit des Contributionalis derer Länder aufgenommen werden mußte, wobei der Landesfürst und der Untertan wenig oder nichts, einige particulares aber gar viel profitieret haben. Der lang gedaurete Friede ist allein angewendet worden, umb den Herrn irre zu machen, die factiones zu vermehren und Gelegenheit zu suchen, die leidige spanische Ideen, mit denen man alle Zeit hervorgekommen, nur ausführen zu können, denen sehr viele Ministri angehangen, auch denen generosen Sentiments des Monarchen nicht unangenehm sein konnten. Dahero ware bei hervorbrechenden Krieg ohne innerlichen noch äußerlichem Systema oder Idee alles in der größten Verwirrung und wurde hierdurch diese Monarchie der äußersten Gefahr bloßgestellet, zumalen die dermalige eigene Domesticalschuldenlast deren österreichischen Provinzien 24 Millionen übersteiget, deren Verinteressierung allein 1,200.000 erheischen, welche von dem Militarcontributionsstatu notwendigerweise entfallen müssen; dieser Fürgang auch umb so unverantwortlicher, als die vormalige landesfürstliche Postulata zu 15 Verschonung deren Dominiorum, so größten Teils gar nichts contribuieret, mit aufgenommenen Kapitalien bestritten worden. Diese betrübliche Umstände haben mir billig zu einer Richtschnur gedienet, behutsamer in dem Vertrauen in meine Ministres und Räte fürzugehen. Jedoch ware meine Sorgfalt insolange umbsonst, bis mich nicht gezwungen gesehen, die innerliche Hauptverfassung abzuändern. Die Disharmonie zum Schaden meines Dienstes ware so groß zwischen denen sämtlichen Stellen, daß ich wie meine Vorfahren bemüssiget ware, meine mehreste Zeit zur Schlichtung dieser dienstschädlichen Disputen anzuwenden. Die größte Erbitterung wurde von Seiten des Ministerii alle Zeit gegen die Hofkammer gerichtet und fast alle in größter Uneinigkeit stehende Ministri kamen darinnen überein, solche zu unterdrucken. Solche Stelle ware an sich selbst ein lebloser Körper, so von allen Seiten verlassen ware. Diese sollte immer Geld verschaffen, wo doch die Kanzleien alle Gelegenheiten, solches zu erlangen, öfters aus dem Wege raumeten. Die über Kräften schreitende Verschuldung des Aerarii und die außerordentliche Konfusion, so bei der Hofkammer fürgewaltet, welche aus Nebenabsichten mehrmalen mit Fleiß unterhalten wurde, haben zu verschiedenen von der Hofkammer verübeten Fehltritten, dargegen alle Ministri und Publicum reclamieret, Anlaß gegeben. Jedoch hat fast niemalen das Ministerium die media, die Bedürfnisse sicher zu stellen, suppeditieren wollen, wodurch leichtlich ermeßlich der alle Zeit fürgedauerte Krieg zwischen denen Stellen zum Umsturz der Monarchie sich verewiget hätte, wann nicht dieses Unwesen aus der Wurzel zu beheben gesuchet. Davon fernerhin das mehrere anzeige und weiters zu der Dritten Abteilung schreite, nämlich zu denen Maßreguln, welche in dem neun Jahr angedauerten so beschwerlichen letzteren Krieg beobachtet und durch welcherlei Ursachen bewogen worden, demjenigen, so da geschehen, die Hand zu bieten. Ich habe in dem ersten Teil die höchst betrübten Zufälle bei Antretung meiner Regierung, meine Inexperienz und die unterschiedliche Factines angezeiget, in dem anderen aber, wie die von älteren Zeiten her eingeschlichene große Staatsfehler anfänglich zu erkennen, noch weniger vollkommen abzustellen mir ohnmöglich ware, welches verursachet, daß die Sachen in die unglückliche Situation gebracht und verfallen seien, woraus ohne augenscheinlichen Mirakul und besondere Hilf Gottes man niemalen eluctieren können. Ich habe schon gemeldet, daß mit Freuden zu nichts und zu einer Großherzogin von Toskana worden wäre, wann geglaubet hätte, daß es Gott also wollte. Weilen aber er mich zu dieser großen Last der Regierung auserwählet, so habe zum Principio gehabt, daß so lang als noch was finden werde zu helfen oder einige Resourcen vorhanden sein würden, ich solche anwenden wolle, und daß ich dieses zu tun 16 schuldig seie. Solches hat mich in eine solche Gelassenheit des Geistes gesetzet, daß meine eigene Begabnüssen wie eines frembden seine angesehen, auch so wenig Haß vor meine Feind empfunden, daß ein Anteil an dem unglücklichen Begeben und Tod des bayrischen Kaisers genommen, dann vor die Franzosen in der Belagerung vor Prag nicht minder vor die Preußen wegen der erlittenen grausamen Kält und Ungemach, keineswegs aber vor des Königs Person, den zwar nicht gehasset, jedoch wegen seiner auch kein Mitleiden empfunden, weilen er solches niemalen gebrauchet, seinen falschen Charakter aber alle Zeit abhorrieret. Dieses war die Situation meines Gemütes in denen Kriegstroublen bis zum Dresdner Frieden. Die Beilag, so den ganzen Hergang der Sach sowohl in politischen als innerlichen Begebenheiten anzeiget, so in dieser Zeit sich zugetragen, habe wohlbedacht durch Bartenstein verfassen lassen auch mit großer Attention solche durchgegangen, sowohl zu künftiger meiner Rechtfertigung als noch mehreren Instruction meines Nachfolgers, damit er weiß, wie die Sachen in der Welt gegangen, wo viele davon raisonieret und noch raisonieren und aus denen Anteactis und Operationen kann nachgesuchet und dargetan werden, warumen ein und anderes geschehen und öfters geschehen müssen. Dann eine jede Regierung wird kritisieret, wann ein anderer Nachfolger ist. Bis zu dem Dresdner Frieden habe herzhaft agieret, alles hazardieret und alle Kräften angespannet, weilen neben meinen vorhin ausgesetzten Principio noch ein besonderes gehabt, daß nämlich meinen armen Erblanden nicht Unglückseligeres geschehen könnte, als in preußische Hände zu verfallen; wie dann, soferne nicht alle Zeit gesegneten Leibes gewesen, mich gewiß niemand aufgehalten hätte. selbsten diesem so meineidigen Feinde entgegenzusetzen, Gott aber hat es anders verhänget; man kann sich einbilden, mit dieser Liebe und Tendresse, als vor die Länder gedacht, daß sie alle Zeit mir und meinen Kindern sogar vorgezogen, wie unerträglich und trostlos mir fallen muß deren will nicht sagen Haß aber Unerkenntlichkeit zu ertragen. Und wie gesehen, daß die Hände zu dem Dresdner Frieden reichen mußte, so habe auch auf einmal meine Gedenkensart geändert und solche allein auf das Innerliche deren Länder gewendet, umb die erforderliche Maßreguln zu ergreifen, wie die teutschen Erblande von denen so mächtigen beeden Feinden, Preußen und Türken, bei ermanglenden Festungen und baaren Geldes, auch geschwächten Armeen noch erhalten und zu beschützen wären. Das Systema dieses Hauses ändert sich völlig, indem selbiges vormals die Bilanz gegen Frankreich gehalten, nunmehr aber hierauf nicht mehr zu gedenken, sondern alleine auf seine innerliche Konservation, einfolglich die Niederlande und Italien keine Objecta mehr waren, den Krieg zu verlängern; und also mußte man sehen, mit guter Art, es koste was es wolle, herauszukommen. Dieses ware die Ursach, warumben man den Aachener Frieden so geschwind hat schließen machen. Und seit dem Dresdner Frieden ware mein einziges Trachten, mich von der Länder Situation und Force zu unterrichten, hiernächst die bei denenselben und in denen Dicasteriis 17 eingeschlichene Abusus, in deren Ansehen alles in dem verwirrtesten, üblesten Stande und Konfusion befunden, rechtschaffen zu ergründen und zu erkennen. Diejenigen, die mir hievon Connoissance geben sollten, waren dessen nicht capable oder wollten es nicht tun. Auch in diesen bin Bartenstein alles schuldig, welcher mir vieles an die Hand gegeben und das wahre Licht angezündet, wo nachgehends etwelche Particulares gefunden, die mir durch den Canal des Cabinettssecretarii Koch, den zu selbiger Zeit aufgenommen, vieles beibringen lassen, wie auch unter der Hand geheime Informationes hier und in denen Ländern mir zu procurieren alle Mühe angewendet. Dessen Verschwiegenheit hat wenig ihres gleichen, dabei er ungemein ehrlich, christlich und ohne Intriquen ist. Er war schier mit mir auf den Fuß wie Tarrucca, dem Herberstein nach seinem Tod substituieret, zu meinem Particularconfidenten und Rat, außer daß selben als der teutschen Sprach kundigen die Militaria und Kanzleiagenda auch Ländersachen von ihme extrahieren und mir referieren, nicht minder darauf die Resolutiones zu meiner Einsicht und Approbation entwerfen lassen. In Staatssachen habe selbten niemalen gebrauchet, dann hierinnen allein Bartenstein gefolget, aber in allen andern besonders in meinen eigenen Particularanliegenheiten Verdruß und Sorgen mich seines Rates bedienet und dabei mich alle Zeit wohl befunden. Meine Hauptmaxime war: Gott nicht getreu, was kann der Mensch von ihm erwarten? bleibt auch der Segen aus. Bartenstein und Haugwitz gaben mir vor den Staat und Erhaltung der Monarchie das Benötigte in die Hand, Tarrucca und Koch dieneten mir zu meinem Trost, Rat und Particularauskundschaften, zu meiner eigen Erkanntnüss und Correction; und werde, so lange ich lebe, an dieser ihren Personen, Kindern und Kindeskindern erkennen, was sie mir und dem Staat vor Dienste geleistet. Auch verobligiere meine Nachkommlinge, solches an denen ihrigen alle Zeit zu erkennen, so lange sie selbigen finden und sein, allermaßen nebst der Information vor meine Nachfolger die vier Personen die Hauptursache sind, warumen diese Schrift verfasset, damit bei der Nachwelt ihre Namen verewiget und denenselben an denen ihrigen er setzet werden, was ich nicht genugsam erkennen können. Damit aber wiederumb auf der Sachen wahren Verlauf zurückkomme, so wende mich zu der Vierten Abteilung, welche jene nach erfolgtem Generalfrieden veranlaßte Veränderung in sich enthaltet, in der inneren Verfassung bei denen Hofstellen, und in denen Ländern, welche mit dem zur Erhaltung der Monarchie festgestellten Systema vereinbaret worden. 18 Die Defectus und Mißbräuche diesartiger inneren Verfassung habe bereits in der anderen Abteilung dargetan, mithin auf deren Abstellung fürzudenken mich umb so mehreres bemüßiget gesehen, als die göttliche Providenz mir klar vor Augen geleget, wienach die zu Erhaltung der Monarchie unumbgänglich zu ergreifenden Maßreguln mit diesfälliger alten Einrichtung weder zu combinieren und am allerwenigsten zu Stand zu bringen wären. Jeder aus meinen Ministris hat zwar von selbsten anerkannt, daß zu Erhaltung Cron und Scepters höchst nötig seie, über 100.000 Mann auszuhalten, hiernächst das in die äußerste Zerüttung verfallene Finanzwesen der Notdurft gemäß in ein ordentlich-richtiges Systema zu bringen. Ich habe zu diesem Ende ihnen Ministris committieret, ihre Gedanken hierüber mir schriftlich zu eröffnen und ein derlei Systema bald möglichst auszuarbeiten. Da aber meines diesfälligen öfteren Erinnerns ohnerachtet keine Idee hiervon in Vorschein gekommen, auch beobachtet, daß man mehr Contradictionen und Raisonnements als mit wirklicher Handanlegung in einer so wichtigen keinen Zeitverlust gestattenden Sache sich aufzuhalten gemeinet sei, allermaßen man das Werk immer trainieret und niemand mit Ernst hierzu schreiten wollen oder können: so ist jedoch durch besondere Verhängnüß und Providenz Gottes und zum Heil dieser Länder Graf Haugwitz mir bekannt worden, welcher aus Treu und Eifer alles in Schlesien verlassen und dahier üble Zeiten mit mir ausgestanden. Ihro Majestät der Kaiser haben denselben zum ersten mir bekannt gemacht und nach seiner Graf Tarrucca, welcher letzterer alle Zeit in meinem Particulari nebst denen italienisch- und niederländischen Affairen mein Consulent war, und von deme vielen guten Rat und Ermahnungen in meiner Unerfahrenheit bekommen; auch hat mir selbiger die Sachen und Leute recht kennen lernen, wobei er sich jedoch in die Länder- und Staatsangelegenheiten niemalen gemischet, indeme er mir alleine zu meiner Direction gedienet, umb meine Fehler mir erkennen zu geben und vorzuhalten; welches höchst nötig für einen Regenten, dann sich wenig oder keine finden, die es tun und solches gemeiniglich aus Respect oder Interesse unterlassen. Wünschte dahero allen meinen Kindern, daß sie dergleichen finden möchten, die ihnen solchergestalten an die Hand giengen, maßen ihme Tarrucca hierinfalls vieles schuldig bin, welches an seinen Kindern zu erkennen alle Zeit befließen sein werde, auch meine Nachfolger hierumen ersuche. Damit aber wiederumb auf den Haugwitz komme, so ist mir selber wahrhaft durch die Providenz zugeschicket worden, dann just umb durchbrechen zu können, einen solchen Mann haben mußte, der ehrlich, ohne Absicht, ohne Praedilection und ohne Ambition noch Anhang, der das Gute, weil es gut erkennet wird, soutenieret, nebst einem großmütigen Desinteressement und Attachement vor seinen Landesfürsten, ohne Praevention, mit großer Capacität und Freund zur Arbeit auch beständigen Application, das Licht nicht scheuend, noch den unbilligen Haß deren Interessierten sich zuzuziehen; also zwar, daß Graf Harrach, der doch sein größter Widersprecher war, wie nachgehends anzeigen werde, selbsten vielmal mir gemeldet, daß ohne ihme Haugwitz die Sachen niemals in den Stand hätten kommen können und daß hierzu ein solcher Mann hätten sein müssen, noch daß jemand als er allein diese Sachen zu 19 entreprenieren sich getrauet hätte, wie dann der besondere Segen Gottes in allen und jeden die mächtige Hand über ihn gezeiget. In dieser bereits zu erkennen gegebenen sehr üblen Situation waren die Sachen, als durch den Cabinettssecretarium Koch den Grafen von Haugwitz dahin veranleiten lassen, den Plan zu Unterhaltung von 108.000 Mann, nachdem mit ihrer Majestät dem Kaiser d’accord war, zu verfassen und zwar mit möglichster Wirtschaft, Abstellung aller Militarexcessen und denen Länder angönnenden tunlichsten Erleichterungen, welches auch von ihme Haugwitz solchergestalten befolget worden, wie dann sotane Ausarbeitung bei mir und Ihro Majestät dem Kaiser eine umb so mehrere Approbation erreichet, als darinnen einerseits die Ruhe derer Länder und deren Sicherstellung von aller Militarbedruckung, anderseits aber die möglichste Militarwirtschaft, jedoch mit Beilassung eines jeglichen notdürftigen und hinlänglichen Auskommens, zum Grunde geleget worden. Ich ließe hiervon durch den Grafen von Haugwitz dem obristen Kanzler Grafen von Harrach vertrauliche Communication tun. Dieser äußerte sich sogar gegen mich, in denen Hauptprincipiis gänzlich hiermit verstanden zu sein, und alle Ministri gaben demselben fast einen allgemeinen Beifall, außer daß einige anvorderist die Kräften der Länder zu Erschwingung derer hierzu erforderlichen Summen genauer zu examinieren vermeinten, welcher billiger Gegenstand dardurch größten Teils gehoben wurde, daß mittels einer gefertigten Bilanz zu Tage geleget worden, welchergestalten, wann alle Exactiones, Landespraestanda und übrige Auslagen, so das corpus statum und übrige Private erduldet, zusammengeschlagen werden wollten, die hieraus zu eruierende Hauptsumma jene Erfordernüsse, so zu Conservierung dieses Systematis bedürftig, ohnfehlbar überschreiten dürften, welches die Beilag des mehreren bestärket. Die erste Hauptdifficultät, so man diesem Systemati entgegengesetzet, ware die unter denen sämmentlichen Erblanden vorzunehmende Repartition, maßen man sich auf einen vermeintlich hergebrachten Dividenten bezogen, vermög welchem die ärmsten und am mehresten praegravierte innerösterreichischen Länder in einer unerschwinglichen Proportion beigezogen werden sollten. Der Obristcanzler Graf von Harrach, der hierauf am mehresten insistierete, fiele auf die Gedanken, samt alle Cameral- und Consumtionsaufschläge in denen Ländern, so verschiedene Millionen importieren, aufzuheben, dahingegen denen Ständen anzumuten sei, alles das, was das noch wenig übrig verbleibende Camerale nicht zu erschwingen vermöchte, sowohl zu der systematischen Unterhaltung derer 108.000 Mann als auch zu genugsamber Bedeckung des ganzen Schuldenwesens und des status cameralis zu verwilligen. Hierinfalls fande selbter von niemanden einen Beifall, indeme eines Teils durchgehends vor eine Unmöglichkeit angesehen und der Umsturz des Banco festgesetzet wurde (deme alle Zeit, so viel möglich, ausweichen wollen), obschon gegen Zugestehung obangezeigter Benficiorum denen Ländern die bis gegen 27 Millionen hinaufsteigende Bedürfnisse zuzumuten, zumalen ohne Beiziehung derer Consumenten in denen Aufschlägen die Ertragung sotaner Last denen Contribuenten so unerträglich als möglich sein müßte; andernteils aber weder ich noch meine übrige Ministri bei der Posterität vor verantwortlich ansehen kunte, die zeit meiner Vorfahrer 20 allschon festgestellte und wirklich incamerierte Aufschläge wiederumb gänzlich aus Handen zu lassen, mithin die an deren Stellen zu constituirende Länderpostulata die ganze landesfürstliche Wesenheit, dessen Wohl und Wehe und völlige Unterhaltung dem ständischen geneigten Willen und willkürlichen Disposition zu unterziehen, dergestalten daß hierdurch die landesfürstliche Macht sehr eingeschränkt würde, andurch die Stände oder einige Particulares davon profitieren könnten, in das Künftige aber das allgemeine Beste gleichwohlen nicht promovieret wurde; dann so viel meine Autorität gebraucht, weilen geglaubt, es wäre nötig und heilsam, so gerne und gleich hätte selbe eingeschränkt, ja wohl gar vergeben vor mich und meine Nachkömmling, wann durch deren Ständen Administration die Gerecht- und Billigkeit und dem gemeinen Besten wäre besser prospicieret worden. Weilen aber des contrarii nur gar überzeuget ware, und selbe Höhere oder Potentiores nur ihren Vorteil und Ansehen gesucht auf beeden Teilen zu vermehren, mit dem den arbitrum zwischen dem Landesfürsten und Ständen nach eigenem Belieben und Wohlgefallen allstets gemacht hätten, so habe in derlei Ideen unmöglich eingehen können. Es sollte zwar des Grafen von Harrach Projekt, umb die Contribuenten die unerschwingliche Summen zu praestieren in Stand zu setzen, mit weitaussehenden Commerzialprincipiis unterstützet werden, allein da zu deren Ausführung mehr als zehen Jahr erforderlich, so hätte der angehoffte Erfolg von keiner baldigen Wirkung, damit den Contribuenten sattsam zu unterstützen, sein können. Solchemnach wurde des Grafen von Harrach Meinung per unanimia vota, welche in ein volumen aparte zusammentragen lassen, in einer Conferenz verworfen, und, da niemand bei selber was anderes oder besseres als in dem Haugwitzischen systematischen Entwurf, welchen schon ehender mit dem einzigen Bartenstein resolvierter gehalten habe, befindlich mir einzuraten wußte, so faßte den Entschluß, ihne Grafen von Haugwitz nacher Mähren und Böhmen abzusenden, um alldortige Stände sondieren zu lassen, inwieweit selbige in diesfällige systematische Ideen zu ihrem eigenen Besten einzugehen geneigt sein dörften. Die Ministri, besonders der Obristkanzler Graf von Harrach, waren des Vermutens und bildeten sich festiglich ein, es würden die Stände in derlei Ansinnen einzugehen nimmermehr zu bewegen sein; es manglete auch diesfalls nicht an verschiedenen Einstreuungen, maßen man sich von hier aus äußerst bemühete, die Stände in sotaner guter Gesinnung irre zu machen, so aller Dinges umb so leichter zu befahren ware als, diesorts sehr widrige Ausdeutungen in besagte Länder geschrieben worden. Gleichwie aber der göttlichen Providenz die Ausführung meiner zu Aufrechthaltung der Monarchie abzielenden Idee mit aufrichtigsten Vertrauen übergeben, also verspürete auch augenscheinlich den erwarteten göttlichen Beistand, indeme Graf von Haugwitz der von hier aus ihme in den Weg gelegeten Schwierigkeiten ohnerachtet den Beitritt zu dem festgestellten Militarsystemati nebst all demjenigen, was hierzu zu praestieren, von denen mährischen Ständen glücklich erlangete. Ich erteilte demselben hierauf den Befehl, auch in Böhmen die nämlichen Propositiones zu tun. Daselbst schiene die Sache einigen mehreren Difficultäten 21 unterworfen zu sein, anerwogen die von hieraus dargegen gemachte Schwätzereien und Schwachheiten selbe irre gemacht haben. Dem allen ohnerachtet wurde auch in Böhmen das Werk ganz glücklich ausgeführet und die ständischen Deputierten zu Schlüssung des Recess langeten aus Böhmen und Mähren dahier an. Graf von Harrach nebst einigen anderen Ministris behaupteten, samt die Stände in diesen zwei Ländern mit ihren Verwilligungen sich übereilet oder auch gar corrumpieret worden wären (wo doch in keinem Land zu derselben Ehre nicht das mindeste gegeben noch verheißen habe, noch jemand was begehret) oder doch wenigstens hierbei andere Conditiones, so mit der Harrachischen Meinung einstimmen möchten, hätte vorbedingen sollen. Ich habe hierauf selbst die angekommene ständische Deputierte von beiden Ländern auf ihr Gewissen befraget, ob selbte die Harrachische Idee denen Ländern vor vorträglicher erachteten; welche mir dann einstimmig beteuret, samt solche ganz untunlich mithin lediglich als eine Chimäre anzusehen seie, welche weder bestehen noch ad executionem gebracht werden könne, zumalen die Harrachischerseits denen Ländern angönnen wollende Vorteile meisten Teils nur speculativisch, mithin in keiner Realität gegründet wären. Darinnen aber stimmete Graf Haugwitz mit dem obristen Canzler übereins und wurde auch solches von allen Ministris approbieret, daß dem Heil der Monarchie durch dieses Militarsystema kein Vorschub gegeben werde, wann nicht auch zugleich das Schuldenwesen und Camerale in eine gleichmäßige Ordnung gesetzet worden. Zu beiden Objectis waren die Cameralfundi unerklecklich und Graf Harrach mußte dessen umb so ehender convenieren, als selbtem committieret hatte, die Cameral- und Schuldenerfordernüß selbst auszuarbeiten. Allein auch darinnen kunte mit ihme umb so weniger übereinkommen, als dessen Ideen von neuen dahin gerichtet waren, den Stadtbanco von dem größten Teil seiner fundorum zu entsetzen, wodurch selbter völlig wäre über den Haufen geworfen worden, maßen dessen Supposita, worauf er seine Speculationes fundieret, nach allseitiger Meinung und überzeugenden Beweis weder existieret, weder zur Existenz gebracht werden mochten. Solchergestalten ware abermals bemüssiget, von dem Grafen von Haugwitz sowohl das Schulden- als das Cameralsystema ausarbeiten zu lassen, welches der unermeßlichen in beiden vorgewalteten Confusionen ohnerachtet, doch endlich glücklich zustandgebracht worden, dergestalten jedoch, daß nach Exszindierung derer Cameralfundorum zu denen unumgänglich erforderlichen Cameralausgaben zu Dotierung derer vorfindenden Schulden à 6%, und zwar 5 zu denen Interessen und ein Prozent zu dem Capital, wiewohlen mit Ausschlüssung jener, so bei dem Banco haften, sich ein Abgang an fundis von ungefähr zweieinhalb Millionen wirklich geäußert. Diese notdürftige Summa zu Befestigung des Hauptsystematis mußte von denen Ländern verlanget werden, mithin die böhmisch- und mährische Deputierten, so eben zugegen waren, hierzu selbst praeparierte und denenselben 22 der Sachen Bedürfnüs gründlich vor Augen legete. Sie wurden dahero auf meine Veranlassung bewogen, meine Propositiones bei ihren Mitständen selbst geltend zu machen und richteten durch ihre Gegenwart bei denen diesfalls gehaltenen Landtägen so viel aus, daß in Böhmen, Mähren und Schlesien die Cameralrata zum Behuf der Schuldencasse bewilliget wurde. In Niederösterreich ware Graf von Harrach angesetzter Landmarschall. Dieser wollte sich nicht dahin resolvieren, denen hiesigen Ständen die Proposition auf die ihnen anzusinnende zwei Millionen zu machen, folglich genötiget ware, den Grafen von Haugwitz zum Commissario zu ernennen und zum Landmarschall den Grafen von Bräuner zu substituieren. Auch darinnen wurde glücklich reüssieret, dergestalten, daß die niederösterreichische Stände diese zwei Millionen willigst auf sich nahmen und mit ihnen der Receß wie mit denen böhmischen Ländern auf zehn Jahr geschlossen worden. Mit dem Lande ob der Enns, wohin den Grafen von Haugwitz nicht schicken konnte, gienge es etwas beschwerlich