"Die Suche nach dem Österreichischen führt uns unweigerlich ins Archiv“
Wolfgang Maderthaner, Generaldirektor des österreichischen Staatsarchivs
Es ist ein gutes Land
Dokument 04
Der 26. August 1278 ist ein Paradebeispiel für den schmalen Grat zwischen Glück & Ende: Der Tod des Böhmenkönigs Otakar am Schlachtfeld markiert zugleich den Aufstieg Rudolfs von Habsburg und den Beginn einer 640 Jahre andauernden Herrschaft.
Es war eine glanzvolle Premiere, Symbol des Selbstbestimmungs- wie des Kulturwillens der wiedererstandenen Republik gleichermaßen. Sie fand am 15. Oktober 1955 statt, zu einem Zeitpunkt, da die letzten Besatzungssoldaten das Land verließen und kurz bevor dessen „immerwährende Neutralität“ per Bundesverfassungsgesetz festgeschrieben wurde. Das Burgtheater, seit jeher die führende Bühne des deutschen Sprachraums und in den letzten Kriegstagen 1945 als Munitionslager missbraucht, wurde an seiner traditionellen Wirkungsstätte am Ring mit Franz Grillparzers König Ottokars Glück und Ende wiedereröffnet. Im Vorfeld heftig debattiert, sollte dieses 1825 uraufgeführte „vollkommene österreichische Trauerspiel“ im schicksalhaften Aufeinandertreffen zweier unversöhnlicher Antagonisten „vaterländische Geschichte“ als kultisches Geschehen auf die Bühne bringen – auch wenn die Arbeiter-Zeitung lediglich „Langeweile in Ehrfurcht“ zu erkennen vermochte. Ottokar, der Gewaltmensch, der Anmaßende, ein „Hitler des 13. Jahrhunderts“ gar, steht dem Humanisten Rudolf von Habsburg gegenüber. Und wie aus dieser Konstellation die Grillparzer’sche Dichtung zum Hymnus auf die Heimat, die Nation und damit zu- gleich auf das übernationale, Völkerversöhnende wird, muss die Frage nach ihrem historischen Gehalt, so der Kritiker des Neuen Österreich, müßig bleiben: „Ob das geschichtlich stimmt, ist völlig irrelevant.“
In der Tat entspricht die Version des vormärzlichen Dichter-Archivars nur sehr bedingt der historischen Realität. Přemysl Otakar II., schon zu Lebzeiten als der „Goldene“ oder der „Eiserne“ apostrophiert, seit 1247 Markgraf von Mähren, seit 1253 König von Böhmen, 1251–1276 Herzog von Österreich, 1251–1254 und 1260–1276 Herzog der Steiermark, 1269–1276 Herzog von Kärnten und Krain, galt als der glanzvollste, vermögendste, mächtigste Reichsfürst seiner Zeit. Er vereinigte während des Zwischenreiches erstmals Böhmen mit den österreichischen Landen und schuf im zentraleuropäischen Raum, vom Baltikum bis zur Adria, erste Ansätze zu einer staatspolitischen Einheit, mit Prag als administrativem und kulturellem Mittelpunkt. Traditionell waren Machtbereich und Machtbefugnis der Fürsten des „Ostlandes“ stärker ausgeprägt als im herrschaftspolitisch zerrissenen, von zahllosen Immunitäten durchsetzten alten Reichsgebiet. Mächtig dominierten die Herzöge von Österreich die Kirche ihres Landes; sie verfügten über bedeutende finanzielle Mittel, zahlreiche Ministerialen (und darunter noch eine unfreie Ritterschaft) waren ihnen unter- tan. Von den durch die völlige Auflösung der Reichsgewalt im Interregnum* massiv verunsicherten österreichischen Landherren herbeigerufen, vermag Otakar diese traditionelle Machtbasis noch auszubauen; der nunmehr knapp über 20-jährige marchio Moraviae et dux Austriae sichert sie einerseits durch seine Heirat mit der Königinwitwe und Schwester des letzten Babenbergers, Margarete, ab und andererseits durch bedeutende Privilegierungen bayrischer und österreichischer Klöster.
Geprägt von den zeitgenössischen Idealen des Rittertums, versteht sich der „Eiserne“ vornehmlich als Krieger. Er unternimmt zwei Kreuzzüge zur Unterstützung des Deutschen Ordens im Baltikum – 1254/55, 1267/68 –, befindet sich in einer Art permanenter Fehde mit Bayern und vor allem mit Ungarn (und ist in zweiter Ehe mit Kunigunde von Masowien, der Nichte des ungarischen Königs Bela IV., verheiratet). Zusätzlich sieht er sich mit zahlreichen Aufständen nicht nur des österreichischen, sondern auch des böhmischmährischen Adels (u.a. der Herren von Rosenberg und der Witigonen) konfrontiert, die er nicht zuletzt durch Exekutionen von Geiseln zu brechen versucht. Die Revolten richten sich vor allem gegen eine konsequent betriebene Modernisierungspolitik; in geradezu exemplarischer Weise verstand es Otakar, die sozioökonomischen und mentalen Veränderungen im Zuge der Entwicklung von Warenproduktion und Warenzirkulation zu nutzen und zu befördern. Im Sinne einer Stärkung der Königsmacht und Straffung der Herrschaftsstrukturen wurden umfassende Rechtsreformen und die Zentralisierung wie Verschriftlichung der Verwaltung eingeleitet, Münz- und Steuerwesen auf eine neue Basis gestellt, die Juden – als wesentliche Exponenten der Geldwirtschaft – geschützt, die städtische Kolonisation bewusst vorangetrieben (mehr als 50 Stadtgründungen, Stadtrechtsverleihungen, Freiheitsbriefe), die (bäuerliche) Binnenkolonisation intensiviert und der Bergbau in großem Stil entwickelt (u.a. Silbergewinnung und Münze in Kuttenberg). Als vorwärtstreibende, überaus dynamische soziale Kraft erwiesen sich in diesem Zusammenhang deutsche Zuwanderer, die in das böhmische Königreich geholt worden waren. Entsprechend ausgeprägt ist die Affinität der Přemysliden zur deutschen Kultur. Der Habitus des deutschen Rittertums wird stilbildend, Reinmar von Zweter, der Tannhäuser, Ulrich von dem Türlin u.a. wirken an ihrem Hof, Prag entwickelt sich zu einem gerühmten Zentrum höfischer Kultur, am Hradschin entstehen unter dem zweiten Otakar bedeutende gotische Bauten, in Wien wird der spätromanische Stephansdom vollendet und der Grundstein für die Hofburg gelegt.
Durch die Vereinigung Böhmens und Österreichs (und in naher Zukunft auch Ungarns) wurde ein mächtiges, ökonomisch und kulturell prosperierendes „Kolonialreich“ und damit eine schwerwiegende Option auf die deutsche Königskrone geschaffen – und in eben dieser Hinsicht wird Otakar scheitern. Seit Beginn der 1270er-Jahre lehnt sich der innerösterreichische Adel vermehrt gegen ihn auf, und 1273 wird, unter Ausschluss Böhmens, Rudolf von Habsburg zum römisch-deutschen König gewählt. Die daraus resultierenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem der Reichsacht verfallenen Böhmenkönig kulminieren (nach zwischenzeitlichen Friedensverhandlungen in Wien) am 26. August 1278 bei Dürnkrut und Jedenspeigen in der wohl größten Ritterschlacht des Mittelalters. 12.000 Mann sollen die Verluste des besiegten Přemysliden-Heeres betragen haben, ein nicht geringer Teil davon beim Fluchtversuch über die March ertrunken. Der grausam verstümmelte Leichnam Otakars, der im Kampf von persönlichen Feinden regelrecht hin- gerichtet worden war, wird danach im Kreuzgang des Minoritenklosters in Wien öffentlich zur Schau gestellt.
– Wolfgang Maderthaner –
*Die kaiserlose, „schreckliche“ Zeit des sogenannten „Zwischenreiches“ bezeichnet das mit der Absetzung Kaiser Friedrichs II. durch Papst Innozenz IV. und dem damit verbundenen Zusammenbruch der Dynastie der Staufer im Heiligen Römischen Reich einsetzende Machtvakuum. Das Interregnum steht in weiten Teilen des Reiches für einen an Anarchie gemahnenden Zustand der Herrschaftslosigkeit, der erst mit der Königswahl Graf Rudolfs von Habsburg am 1. Oktober 1273 sukzessive ein Ende fi ndet. In seiner weiteren Geschichte entwickelt sich das Reich entlang föderaler Prinzipien, mit einem symbolisch agierenden Scheinmonarchen an seiner Spitze.
Friedensvertrag zwischen König Rudolf von Habsburg und König Ottokar von Böhmen
Dokument 04
König Rudolf von Habsburg und König Ottokar von Böhmen schließen in Wien einen vorläufigen Frieden. 26. November 1276, Wien.
Dokument 04
AT-OeStA/HHStA UR AUR 1436
Friedensvertrag zwischen König Rudolf von Habsburg und König Ottokar von Böhmen
Dokument 04
Nos Rodolfus Dei gracia Romanorum et Otakarus Boemorum reges universis Christi fidelibus, ad quos presentes littere pervenerint, notitiam subscriptorum. Quia conditionis humanae fragilitas omnium / non potest habere memoriam nichilque in ea stabile perseverat, necessarium et utile est, ut vite presentis negotia, ne oblivionis caligine obfuscentur, fideli scripture testimonio in thesauris memorie fideliter reponantur. Noscant igitur tam / presentes quam posteri, quod cum nos predicti reges de omni questione seu causa, que super principatibus sive terris Austrie, Styrie, Karinthie, Carniole, Marchie, Portus Naonis et Egre ac ministerialibus, iuribus et terrarum ipsarum at/tinentiis universis inter nos hinc inde non sine magno dispendio movebatur, compromisissemus, nos Rudolfus Romanorum rex pro nobis, imperio atque nostris in Bertoldum Herbipolensem episcopum et Ludowicum comitem palatinum / Reni ducem Bawarie, nos autem Boemie rex pro nobis et nostris in Brunonem Olomucensem episcopum et Ottonem marchionem Brandenburgensem venerabiles et illustres principes tamquam in arbitros, arbitratores seu amica/biles compositores, prout hec in instrumentis super eo confectis plenius continentur. Iidem arbitri, arbitratores seu amicabiles compositores in presentia venerabilium Wernheri Maguntini et Friderici Salzburgensis archiepiscoporum / et Bertoldi Babenbergensis, Leonis Ratisponensis, Petri Pattauiensis, Chunradi Frissigensis, Brunonis Brixiensis, Dittrici Gurcensis et Iohannis Chymensis ac eorundem applaudente sententia, consilio et consensu auc/toritate compromissi diffinierunt causam seu questionem huiusmodi in hunc modum.
Nos Bertoldus Herbipolensis, Bruno Olomucensis episcopi, Ludowicus comes palatinus Reni dux Bauarie, Otto marchio Bran/denburgensis arbitri dominorum Romanorum et Boemorum regum super questionibus, que inter ipsos super diversis terris et principatibus vertebantur, arbitrando pronuntiamus, quod revocentur et retractentur imo revocate sint omnes sententie proscrip/tionis, excommunicationis, interdicti, privationis et quecumque alie promulgate contra dominum Otakarum regem Boemorum et adherentes sibi quocumque nomine censeantur.
Item pronuntiando arbitramur, quod inter ipsos Romanorum et Boemorum reges plena/sit concordia, pax firma et sincera reconciliatio sine qualibet captione, et servitores utriusque regum, quocumque nomine censeantur, huiusmodi paci, concordie ac reconciliationi cum sinceritate firmissima includantur, castris eorum / munitionibus, possessionibus et hominibus contra ius ab alterutro regum ipsis ablatis vel a suis cum integritate debita restitutis.
Item arbitramur, quod dominus O(takarus) rex Boemorum cedat simpliciter et precise omni iuri, quod habebat vel ha/bere videbatur in terris et hominibus cuiuscumque conditionis existant, Austria videlicet Styria, Karinthia, Carniola, Marchia, Egra et Portu Naonis.
Item arbitramur, quod deinceps non impediat archiepiscopos, episcopos, comites, barones, / ministeriales et quoscumque alios nomine nuncupentur in possessionibus, castris, munitionibus, iuribus et hominibus eorum sitis in terris superius nominatis.
Item pronuntiamus liberos et solutos omnes utriusque partis obsides et captivos et fide/iussiones, quocumque nomine censeantur. Item pronuntiamus, quod dominus R(udolfus) serenissimus Romanorum rex, exceptis terris et hominibus supradictis, infeudabit dominum O(takarum) regem Boemorum et liberos suos de omnibus feudis videlicet Boemia, Mo/rauia et aliis quibuscumque, que progenitores sui et ipse ab imperio de iure noscuntur hactenus tenuisse. Et ut predicta pax, concordia et reconciliatio firmitatem perpetuam obtineant et partes mutuo se sincerius diligant et / coniuncti efficacius in plena amicitia solidentur, pronuntiamus arbitrando, quod dominus O(takarus) Boemorum rex tradat suam filiam Chunegundim in uxorem Hartmanno filio domini R(udolfis) regis Romanorum. Et iamdictus O(takarus) Boemorum rex / dabit seu eciam resignabit simpliciter et precise domino R(udolfo) regi Romanorum terras et possessiones in Austria quas hactenus proprietatis vel feudi titulo tenuit vel sua pecunia comparavit, et easdem terras sive possessiones dominus rex / Romanorum suo filio obligabit pro quatraginta milibus marcharum argenti, quas eidem filio in donationem propter nuptias deputabit, salvis in utroque casu archiepiscopis, episcopis, comitibus, baronibus, ministerialibus et aliis hominibus quibuscumque iu/re, quod in castris, municionibus, possessionibus et feudis, que vacare ceperunt eisdem in districtu dicte terre, habent seu hactenus habuerunt. Et eamdem terram dominus rex Romanorum vel successor ipsius qui pro tempore fuerit ab ipso/filio suo Hartmanno redimet pro pecunia nominata, et si idem filius sine herede decesserit, predicta bona apud imperium remanebunt nec ad uxorem ipsius filiam regis Boemorum quicquam de bonis huiusmodi devolvetur. Item dominus noster R(udolfus) Romanorum rex tradet suam filiam in uxorem Wenceslao filio domini O(takari) regis Boemorum. Et dabit rex Romanorum filio regis Boemorum quatraginta milia marcharum argenti dotalicii nomine et pro illis / obligabit sibi redditus quattuor milium marcharum argenti in terra Austrie ultra Danubium versus Boemiam, Morauiam et Vngariam, Cremsa et Steyne oppidis cum suis attinentiis dumtaxat exceptis. Salvis eciam in / hoc casu archiepiscopis, episcopis, comitibus, baronibus, ministerialibus et aliis hominibus quibuscumque iure, quod in castris, municionibus, possessionibus et feudis, que vacare ceperunt eisdem in districtu dicte terre, habent seu hactenus ha / buerunt. Et si quid defuerit de summa superius iam expressa in redditibus dicte terre, supplebitur in alia parte Austrie citra Danubium, prout nos quattuor arbitri duxerimus ordinandum vel qui a partibus nobis fuerint subrogati, et /si aliquid superfuerit, hoc Romanorum regi et imperio sine difficultate qualibet remanebit. Verum si filius regis Boemorum sine herede decesserit, dicta terra ultra Danubium penes regem Boemorum titulo pigneris rema/nebit nec ad uxorem ipsius filiam regis Romanorum quicquam de bonis huiusmodi devolvetur, et dominus rex Romanorum vel successores ipsius dictam terram redimendi pro quatraginta milibus marcharum argentti a re/ge Boemorum habebunt liberam facultatem.
Inter cetera specialiter arbitramur, quod dominus noster rex Romanorum recipiat specialiter in suam gratiam et favorem Paltramum et magistrum Chunradum notarium cives Wiennenses cum suis pa/rentibus et amicis et civitatem Wiennensem cum omnibus civibus et hominibus, iuribus et possessionibus ipsis attinentibus nec permittat eos indebite molestari, libertatibus, privilegiis et immunitatibus eorum per omnia reservatis revocatis / omnibus illatis sententiis contra eos.
Item specialiter arbitramur, quod magister Vlricus notarius in ecclesia Wiennensi per regem Boemorum presentatus, notarii, capellani et alii clerici in terra Austrie et Styrie et alibi / ecclesias vel ecclesiastica beneficia et possessiones alias obtinentes contra ius nullatenus offendantur, possessione vel quasi preter iuris ordinem spolientur.
Item pronuntiamus arbitrando, quod illustris rex Vngarie cum suis quoad / plenam amicitiam cum domino rege Boemie ac suis presenti concordie includantur, ita quod quicquid de castris, civitatibus, munitionibus, iuribus et possessionibus et hominibus regis Vngarie tenet vel possidet rex / Boemorum sive sui sine difficultate qualibet restituat et dimittat libere absoluta nec deinceps impediat in eisdem. Et hoc idem pro rege Boemorum et suis per regem Vngarie et suos erit sine captione qua/libet observandum, salvis utrique regum terrarum suarum limitibus et terminis sicut ab antiquo tempore sunt distincti. Et quicumque regum eorundem dicte pacis et concordie fuerit violator, contra talem dominus rex Romanorum / obser vanti pacem et concordiam assistet consilio, auxilio et favore.
In cuius testimonium presentes litteras sigillis nostris placuit communiri.
Actum in castris ante Wiennam, anno Domini millesimo ducentesimo / septuagesimo sexto XI kalendas decembris. Et quia H(einricus) lantgravius de Hassia premissis interfuit, sigillum suum presentibus est adiectum.
Nos autem Rudolfus Romanorum et Otakarus Boemie / reges predicti ordinationem, pronunciationem, arbitrium sive dictum supradictorum arbitrorum, arbitratorum seu amicabilium compositorum sub forma prehabita de consilio et approbatione supradictorum principum tam / concorditer promulgatum approbantes seu emologantes expresse ipsique perpetuo stare volentes, id a nostris successoribus inviolabiliter volumus observari. In cuius emologationis expresse evidens argumentum si/gilla nostra una cum predictorum arbitrorum, arbitratorum seu amicabilium compositorum et illustris H(einrici) lantgravii Hassie, qui premissis interfuit, sigillis presentibus sunt appensa.
Actum et datum in castris / ante Wiennam, anno Domini millesimo ducentesimo septuagesimo sexto, VI kalendas decembris.
[Benna]
6 Siegel an Seidenfäden.
1. König Rudolf (gut erhalten), an gelber Seide.
2. König Ottokar (Bruchstück), an roter Seide.
3. Bischof Berthold von Würzburg (abgefallen).
4. Pfalzgraf Ludwig bei Rhein (Bruchstück), an roter Seide.
5. Markgraf Otto von Brandenburg (verloren), gelbe Seidenfäden noch vorhanden.
6. Landgraf Heinrich von Hessen (verloren).
Friedensvertrag zwischen König Rudolf von Habsburg und König Ottokar von Böhmen
Dokument 04
[2.] Ebenso verkünden wir das Urteil, dass unter den römischen und böhmischen Königen volle Eintracht, fester Friede und ehrliche Versöhnung ohne irgendwelche Fallstricke hergestellt sei, dass die Untergebenen beider Könige, wie immer sie heißen mögen, in vollster Aufrichtigkeit anlässlich dieses Friedensschlusses, in der Eintracht und Versöhnung eingeschlossen sein mögen, nachdem ihre Schlösser, Burgen, Besitztümer und Eigenleute, die widerrechtlich von den beiden Königen oder ihren Leuten einander weggenommen worden sind, unversehrt zurückgestellt worden sind.[7. ] Und damit der vorgenannte Friede, die Eintracht und die Versöhnung beständig bleiben und beide Parteien einander aufrichtiger wertschätzen und sich derart in tieferer Freundschaft verbinden, geben wir unsere Entscheidung bekannt, dass König Ottokar von Böhmen, seine Tochter Kunigunde dem Hartmann, Sohn des römischen Königs Rudolf, zur Frau geben solle.
Friedensvertrag zwischen König Rudolf von Habsburg und König Ottokar von Böhmen
Dokument 04
Wir, Rudolf, von Gottes Gnaden König der Römer, und Ottokar, König der Böhmen, (geben) allen Christen, an die dieses Schreiben gelangt, das Urteil der Unterzeichneten bekannt:
Weil die Brüchigkeit der menschlichen Lebensumstände keine umfassende Erinnerung zuläßt und nichts darin fest zu verharren vermag, ist es nötig und nützlich, die Geschäfte des jetzigen Lebens, damit sie nicht von der Düsternis des Vergessens umdunkelt werden, schriftlich getreu in der Schatzkammer des Gedächtnisses aufzubewahren. Es mögen deshalb sowohl die Zeitgenossen wie die Nachfahren wissen, daß – nachdem wir, die obgenannten Könige, bezüglich jeder Frage oder Angelegenheit, .die hinsichtlich der Fürstentümer oder Länder Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain, der (Windischen)Mark, Pordenones und Egers sowie der Ministerialen, Rechte und aller zugehörigen Dinge dieser selbigen Länder zwischen uns nicht ohne großen Zeitaufwand hin- und herdebattiert, und nachdem wir, der König Rudolf, für uns, das Reich und die Unseren den Bertold, Bischof von Würzburg, und Ludwig, den Pfalzgrafen bei Rhein und Herzog von Bayern, wir aber, der König von Böhmen, für uns und die Unseren den Bruno, Bischof von Olmütz, und Otto, den Markgrafen von Brandenburg, ehrwürdige und erlauchte Fürsten, als Zeugen, Schiedsrichter und freundliche Mittler berufen haben, wie dies eben in den darüber verfaßten Dokumenten in vollem Umfang enthalten ist – daß also diese selben Zeugen, Schiedsrichter oder freundlichen Mittler, in Gegenwart der ehrwürdigen Bischöfe Werner von Mainz und Friedrich von Salzburg und der Bischöfe Bertold von Babenberg, Leo von Regensburg, Petrus von Passau, Konrad von Freysing, Bruno von Brixen, Dietrich von Gurk und Johannes von Chiemsee, und unter ihrem zustimmenden Urteil, Ratschlag und in Einstimmigkeit, mit unserer Autorität ausgestattet, die Angelegenheit oder Frage auf folgende Art entschieden haben:
Wir, Bertold, Bischof von Würzburg und Bruno, Bischof von Olmütz, Ludwig, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Baiern, und Otto, Markgraf von Brandenburg, verkünden als Schiedsrichter der Herren Könige der Römer und Böhmens über Fragen, die unter ihnen bezüglich verschiedener Länder und Fürstentümer zur Debatte standen, unsere Entscheidung, daß alle Urteile der Acht, Exkommunikation, des Interdikts, der Enteignung und jeder anderen Art, die gegen den Herrn Ottokar, König von Böhmen, und seine Anhänger, wie immer sie heißen mögen, erlassen wurden, widerrufen und zurückgezogen werden mögen, ja schon widerrufen worden sind.
[2.] Ebenso verkünden wir das Urteil, daß unter den Königen der Römer und Böhmens selber volle Eintracht, fester Friede und ehrliche Versöhnung ohne irgendwelche Fallen hergestellt sei, daß die Untergebenen beider Könige wie immer sie heißen mögen, mit vollster Aufrichtigkeit im dergestalten Frieden, in der Eintracht und Versöhnung eingeschlossen sein mögen, nachdem ihre Schlösser, Burgen, Besitztümer und Menschen, die widerrechtlich von den beiden Königen oder ihren Leuten einander weggenommen worden sind, in gehöriger Unversehrtheit zurückgestellt worden sind.
[3.] Ebenso urteilen wir, daß der Herr Ottokar, König von Böhmen, einfach und unverzüglich auf jedes Recht verzichten solle, das er über jegliche Länder und Menschen in Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain, (Windischer) Mark und Pordenone hatte oder zu haben schien.
[4.] Ebenso entscheiden wir, daß er fortan Erzbischöfe, Bischöfe, Grafen, Herren, Ministerialen und welche auch immer anderen Personen, unter welchem Namen auch immer sie bezeichnet werden, nicht an ihren Besitztümern, Schlössern, Befestigungen, Rechten und Menschen in den ob genannten Ländern behindern solle.
[5] Ebenso erklären wir alle Geiseln, Gefangenen und Bürgen jeder der beiden Parteien,wie immer sie bezeichnet werden mögen, für frei und der Verpflichtungen entbunden.
[6]Ebenso erklären wir, daß der Herr Rudolf, durchlauchtigster König der Römer, mit Ausnahme der obgenannten Länder und Menschen, den Herrn Ottokar, König von Böhmen, und seine Kinder mit allen Ländern belehnen wird, d.h. also Böhmen, Mähren und welchen anderen auch immer, die seine Vorfahren und er selbst rechtens vom Reiche - wie wohlbekannt - bis jetzt innegehabt haben.
[7] Und damit der ausgerufene Friede, die Eintracht und die Versöhnung andauernde Festigkeit erlangen und die Parteien einander aufrichtiger lieben und vereint in wirksamerer Weise in voller Freundschaft sich verbinden, erklären wir unsere Entscheidung, daß Herr Ottokar, König von Böhmen, seine Tochter Kunigunde dem Hartmann, Sohn des Herrn Rudolf, Königs der Römer, zur Frau geben solle. Und der schon genannte Ottokar, König von Böhmen, wird einfach und unverzüglich dem Herrn Rudolf, König der Römer, Länder und Besitzungen in Österreich, die er bis jetzt als Eigentum oder Lehen innehatte oder mit seinem Geld gekauft hat, übergeben oder auch zurückgeben, und diese selben Länder oder Besitzungen wird der Herr König der Römer seinem Sohn für 40 000 Mark Silber verpfänden, die er demselben Sohn als Mitgift für die Hochzeit wird zukommen lassen. Unversehrt sollen dabei in beiden Fällen Erzbischöfe, Bischöfe, Grafen, Herren, Ministerialen und welche andere Menschen auch immer, in ihrem Recht sein, das sie an Schlössern, Burgen, Besitzungen und Lehen, die im Gebiete des genannten Landes ihrer zu entraten begonnen haben, innehaben oder bis jetzt innegehabt haben. Und ebendas Land wird der Herr König der Römer oder sein Nachfolger, der es eben zu der Zeit sein wird, von seinem Sohn Hartmann um die genannte Geldsumme zurückkaufen, und wenn dieser selbe Sohn ohne Erben stirbt, werden die genannten Güter beim Reich bleiben und nichts von den Gütern wird an seine Frau, die Tochter des Königs von Böhmen, übertragen werden.
[8.] Ebenso wird unser Herr Rudolf, König der Römer, seine Tochter dem Wenzel, dem Sohn des Herrn Ottokar, Königs von Böhmen, zur Frau geben. Und der König der Römer wird dem Sohn des Königs von Böhmen 40 000 Mark Silber als Mitgift geben und sich dafür die Einkünfte von 4 000 Mark Silber sichern, wobei die im Lande Österreich jenseits der Donau gegen Böhmen, Mähren und Ungarn gelegenen Städte Krems und Stein mit ihren Zugehörigkeiten natürlich ausgenommen sind. Wobei auch in diesem Falle Erzbischöfe, Bischöfe, Grafen, Barone, Ministerialen und welche auch immer anderen Menschen in ihrem Recht unversehrt sind, das sie auf Schlösser, Burgen, Besitzungen und Lehen, die ihrer im Gebiet des genannten Landes zu entraten begonnen haben, innehaben oder bis jetzt innegehabt haben. Und wenn etwas von der obgenannten Summe in den Einkünften des genannten Landes fehlt, wird es in einem anderen Teil Österreichs diesseits der Donau ergänzt werden, so wie wir vier Schiedsrichter oder die, die von den Parteien an unsere Stelle gesetzt werden, es zu regeln für richtig befunden haben; und wenn etwas übrigbleibt, so wird dies ohne irgendeine Schwierigkeit beim König der Römer und beim Reich bleiben. Wenn aber der Sohn des Königs von Böhmen ohne Erben stirbt, wird genanntes Land jenseits der Donau beim König von Böhmen als Pfand verbleiben und nichts von den Gütern dieser Art wird an seine Frau, die Tochter des Königs der Römer übertragen werden, und der Herr König der Römer oder seine Nachfolger werden das Vorkaufsrecht haben, das genannte Land um 40 000 Mark Silber vom König von Böhmen zurückzukaufen.
[9.] Unter anderen entscheiden wir insbesondere, daß unser Herr König der Römer in seine Gnade und Gunst aufnehmen möge den Paltram und den Magister Konrad, den Notar, Bürger von Wien, mit ihren Angehörigen und Freunden, sowie die Stadt Wien mit allen Bürgern und Menschen, Rechten und Besitztümern, die ihnen angehören, und er möge nicht erlauben, daß sie ungebührlich bedrängt werden, wobei ihre Freiheitsrechte, Privilegien und Immunitäten in allen gewahrt und alle gegen sie erlassenen Urteile aufgehoben sein sollen
[10.] Außerdem entscheiden wir insbesondere, daß der vom König von Böhmen eingesetzte Notar Ulrich in der Wiener Kirche, die Notare, Kapläne und anderen Kleriker, die im Land Österreich, Steiermark und anderswo Kirchen, kirchliche Benefizien und Besitztümer innehaben, in keiner Weise widerrechtlich diskriminiert oder gegen die Rechtsordnung enteignet werden sollen.
[11.] Ebenso entscheiden wir, daß der erlauchte König von Ungarn und die Seinen hin zur vollen Freundschaft mit dem Herrn König von Böhmen und den Seinen in die vorliegende Eintracht miteingeschlossen werden soll, sowie daß, was immer der König von Böhmen oder die Seinen an Schlössern, Städten, Burgen, Rechten und Besitztümern und Menschen des Königs von Ungarn innehaben oder besitzen, ohne irgendeine Schwierigkeit zurückstellen und freigeben und im folgenden auch keine Hindernisse dabei machen mögen. Und dasselbe wird zugunsten des Königs von Böhmen und der Seinen durch den König von Ungarn und die Seinen ohne irgendwelche Fallstricke zu beachten sein, wobei für beide Könige die Grenzen ihrer Länder unversehrt so erhalten bleiben, wie sie seit alters her festgelegt sind. Und wer immer von diesen Königen als Verletzer der genannten friedlichen Eintracht auftritt, gegen den wird der Herr König der Römer demjenigen mit Rat, Hilfe und Gunst beistehen, der Frieden und Eintracht wahrt.
Um dies zu bekunden, wurde es für gut befunden, den vorliegenden Brief mit unseren Siegeln zu bekräftigen.
Geschehen im Lager vor Wien, im Jahre des Herrn 1276, am 21. November. Und da Heinrich, Landgraf von Hessen, bei Obgenanntem ebenfalls anwesend war, wurde sein Siegel den übrigen anwesenden (Siegeln) beigefügt.
Wir aber, Rudolf, König der Römer, und Ottokar, König von Böhmen, die wir oben genannt sind, begrüßen die Regelung, ihre Verkündung, das Urteil oder den Spruch der obgenannten Zeugen, Schiedsrichter oder freundlichen Mittler, wie er in der vorgefaßten Form nach Rat und Approbation obgenannter Fürsten so einträchtig ergangen ist, verkünden ihn ausdrücklich und wollen selber, daß er auf immer bestehen bleibe und von unseren Nachfolgern in unverletzlicher Weise eingehalten werde. Als Beweis dieser ausdrücklichen Einigung wurden unsere Siegel zusammen mit denen der obgenannten Zeugen, Schiedsrichter und freundlichen Mittler sowie des erlauchten Heinrich, Landgrafen von Hessen, der bei Obgenanntem ebenfalls anwesend war, den vorhandenen Siegeln hinzugefügt.
Geschehen und gegeben im Lager vor Wien, am 26. November 1276, im Jahr des Herrn.