Die Habsburg Connection - Plus, Ultra

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Mit Kaiser Karl V. erklimmt das Haus Habsburg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Spitze der „global player“: Die reiche Ernte aus dem Erbe kluger Heiratspolitik bringt neue Herrschaftsansprüche in Spanien, Italien, den Niederlanden, ja bis nach übersee; wahrlich ein Reich, „in dem die Sonne nicht untergeht“ – und Kriege niemals enden.

Eine von Maximilian I. 1496/97 arrangierte, vorerst als Festigung des antifranzösischen Bündnisses mit Spanien gedachte Doppelhochzeit* sollte ebenso dramatische wie unerwartete Konsequenzen nach sich ziehen: die imposante Erweiterung der habsburgischen Macht- und Einflusssphäre in dem Moment, da das spanische Erbe zunächst an Philipp I. und, nach dessen frühem Ableben, an seinen Sohn Karl fiel. In der Tat kam dem am 24. Februar 1500 in Gent/Flandern geborenen Karl V. eine außergewöhnliche Machtstellung zu: Im Alter von sechs Jahren übernimmt er (wenn zunächst auch nur formell) die Verwaltung der Niederlande, mit neunzehn wird er zum deutschen König und römischen Kaiser gewählt – eine Wahl, die mit riesigen, von den Fuggern, Welsern und italienischen Handelshäusern kreditierten Bestechungssummen erkauft wurde. Drei Jahre davor ist er bereits König von Spanien (genauer: von Kastilien, León und Aragón, inklusive Sizilien, Sardinien und den Kolonien).

Die Vereinigung Kastiliens und Aragóns 1469 hatte einen dualen Staat von erstaunlicher politischer und militärischer Dynamik entstehen lassen, die ihren Ausdruck nicht zuletzt in Form einer geradezu spektakulären Expansion fand: Die Reconquista – also die Wiedereroberung der Iberischen Halbinsel von den muslimischen Mauren – wurde abgeschlossen, Neapel und Navarra annektiert, Territorien in Übersee kolonial erschlossen und unterworfen. Nunmehr kamen auch Mailand, das Burgund, die Niederlande hinzu, noch in der Regierungszeit Karls V. wurden Mexiko und Peru erobert. Die monarquia española der Habsburger entwickelte sich in globalem Maßstab, wuchs zum Weltreich heran, in dem sprichwörtlich „die Sonne nicht unterging“. Das habsburgische Spanien wird zur ersten Supermacht des modernen Europa: Die Kombination aus sublimen feudalen Expansionsmechanismen (im Wege raffiniert ausgeklügelter Heiratspolitik) und aggressiver, ebenso grausamer wie effizienter Ausbeutung der Ressourcen der Neuen Welt erwies sich jeglichen potenziellen Konkurrenten über das gesamte 16. Jahrhundert hinweg als strukturell überlegen. Der Preis, den Spanien für seine Hegemonie am Kontinent zahlen muss, ist eine schier endlose Abfolge von Feldzügen, eine Art permanente Kriegsführung, die im Süden überragende Erfolge erbringt, im Norden aber in ein überaus kostspieliges und auf Dauer unhaltbares Patt mündet.

Niederländer seiner Geburt und Neigung nach, in französischer Lebensart und Bildung erzogen, hing Karl V. – gemäß seinem Wahlspruch plus, ultra (mehr, weiter) – den mittelalterlichen, im Prinzip bereits überkommenen Idealen des Universalstaates und der Universalkirche an. Sein mit großem Aufwand betriebener Hof wurde vom flämischen, burgundischen und italienischen Element dominiert. Unter Führung des (Handels-) Bürgertums lehnt sich das Handwerk der blühenden zentral- und nordkastilischen Städte gegen die „Fremdherrschaft“ in einer urbanen Revolte, der Rebellion der comuneros von 1520/21, auf. Eine revolutionäre Junta erklärt den König zugunsten seiner spanischen Mutter – der von den Habsburgern in Festungshaft gehaltenen Johanna der Wahnsinnigen – für abgesetzt, fordert die Demokratisierung des Wahlrechts und Befugniserweiterung für die Cortes (die historischen Ständeversammlungen) sowie die Aufhebung der Steuerprivilegien für Adel und Klerus. Zugleich lässt das komplexe Aufstandsszenario die soziale Differenzierung der frühen Moderne deutlich werden: den Gegensatz zwischen Adel und Bourgeoisie einerseits, zwischen privilegiertem Bürgertum und handwerklichen Massen andererseits. Die Radikalität der sozialen und „frühnationalistischen“ Anmaßung des „dritten Standes“ führt zum Abfall des ursprünglich sympathisierenden Adels und damit letztlich zur entscheidenden militärischen Niederlage der Städte. Und eben diese Niederlage ermöglicht es Karl V. (und seinem Nachfolger Philipp II.), den spanisch-habsburgischen Absolutismus zu einer Art europäischem Vorzeigemodell zu formen. Die Cortes versinken in Bedeutungslosigkeit und verlieren allen Einfluss auf Gesetzgebung und Steuerbewilligung, die städtische Selbstverwaltung wird beseitigt, die Heilige Inquisition wird reaktiviert und – als ein von den Ständen unabhängiges oberstes Gericht – zum furcht- baren Instrument königlichen Willensvollzuges.

Das Haus Habsburg betreibt solcherart Großmacht- und Globalpolitik im Sinne eines dynastischen Imperialismus. In dessen Rahmen ist die Sicherung und (nach Möglichkeit) Erweiterung der zentraleuropäischen Stammlande von essenzieller Bedeutung; eine zentrale Rolle kommt dabei Karls Bruder Ferdinand sowie deren Schwester Maria, der 3 Gemahlin des Thronerben von Ungarn und Böhmen, Lajos II., zu. 1521 wird der 18-jährige, nahe Madrid geborene und am spanischen Hof erzogene Ferdinand im Teilungsvertrag von Worms mit Nieder- und Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und Krain belehnt; ein knappes Jahr später wird das Lehen im Vertrag von Brüssel vom 7. Februar 1522 um Gebiete in Schwaben und im Elsass, Tirol, Görz, Gradiska, das Pustertal, Friaul und Triest (womit der strategisch und ökonomisch überaus wichtige Zugang zum Meer hergestellt ist) erweitert. Im Gegenzug verzichtet Ferdinand auf jegliche Ansprüche in Burgund, Spanien und Amerika. Der deutschen Sprache nicht mächtig, hat Karl V. damit de facto die deutsche Linie des Hauses Habsburg begründet. Sie sollte sich augenblicklich mit einer gewaltigen historischen Herausforderung konfrontiert sehen, schien doch der präzise und brillant ausgeführte militärische Vorstoß der Truppen des osmanischen Reiches in das Zentrum Europas schier unaufhaltsam [Türkengefahr]. 1521 waren die Festungen Šabac und Belgrad gefallen, im Jahr darauf hatte der Johanniterorden Rhodos verloren, 1526 unterliegt das kleine ungarische Heer bei Mohács einer erdrückenden osmanischen übermacht, der jagellonische Schattenkönig Lajos II. fällt im Kampf. Als Gemahl von dessen Schwester Anna und als Bruder der verwitweten Königin Maria macht Ferdinand die Ansprüche seines Hauses geltend. Ende September 1529 stehen die Türken vor Wien.

– Wolfgang Maderthaner –


*Sohn und Tochter des römisch-deutschen Königs Maximilian I. und der Maria von Burgund, Philipp (der Schöne) und Margarete, ehelichten Johanna von Kastilien und Aragón ( Johanna die Wahnsinnige) und Don Juan von Asturien, Tochter und Sohn der katholischen Majestäten und Einiger Spaniens, Isabella I. und Ferdinand II.

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Brüsseler Vertrag

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Kaiser Karl V. und sein Bruder Ferdinand schließen einen Geheimvertrag, wodurch Letzterem außer den fünf österreichischen Herzogtümern Ober- und Niederösterreich, Steier, Kärnten und Krain auch die Grafschaft Tirol nebst Vorarlberg, ferner Württemberg, Pfirt und Hagenau im Elsass übergeben werden. 7. Februar 1522, Brüssel.