"Die Suche nach dem Österreichischen führt uns unweigerlich ins Archiv“
Wolfgang Maderthaner, Generaldirektor des österreichischen Staatsarchivs
Türkengefahr
Dokument 15
Süleyman I. – „der Prächtige“ – ante portas: Mit der ersten Türkenbelagerung Wiens (1529) einher geht nicht nur die größte Ausdehnung des Osmanischen Reichs, sondern auch die „Osterweiterung“ des habsburgischen Herrschaftsanspruchs und somit Keim der späteren Doppelmonarchie.
Dem komplexen zentraleuropäischen Gebilde „österreich“ ist im Verlauf seines histori- schen Werdens eine doppelte Funktion zugefallen. Zunächst ist dies die Schaffung eines einheitlichen und starken Reichsverbandes, der zur Grundlage der deutschen Königsmacht werden konnte. Doch eine zweite, gewaltige Bestimmung erwächst ihm aus dem Kampf gegen die scheinbar unaufhaltsame Expansion des Osmanischen Imperiums – sie wird seine Kräfte dauerhaft binden. Unter den Vorzeichen und angesichts des Drucks der per- manenten türkischen Invasionsgefahr ist die Vereinigung der österreichischen Länder eine realpolitische, zweckbestimmte Notwendigkeit [Die Habsburg Connection - plus, ultra]. Als der Jagellone Lajos II. 1526 in der Schlacht von Mohács fällt, versammelt Habsburg in seinem Herrschaftsbereich sowohl die deutschen Fürstentümer der Alpenländer als auch Böhmen und Ungarn – Letzteres zunächst allerdings eher symbolisch. Denn nur drei Jahre später stehen die Türken erstmals, wenn auch erfolglos, vor Wien; zur Mitte des Jahrhunderts beherrschen sie Zentralungarn und haben im Osten des Landes (Transsylvanien) den Woiwoden von Siebenbürgen als Vasall des Sultans installiert. Unter Süleyman I., auch der „Prächtige“ genannt, hat das Sultanat seine Machtsphäre weit in den zentraleuropäischen Raum ausgedehnt.
Und doch beginnt mit dem in Spanien erzogenen Ferdinand I. ein künftiger habsburgischer Herrschaftskomplex deutliche Konturen anzunehmen. Paradoxerweise ist es der militärische Erfolg der osmanischen Truppen, die omnipräsente „Türkengefahr“, die (nebst einer strategisch wohlkalkulierten Heiratspolitik) den Anspruch Habsburgs auf die vakanten Wahl- monarchien Böhmen und Ungarn begründet – ein mit den Ständen und regionalen Eliten mühevoll abgestimmter Herrschaftsanspruch. In Ungarn etwa, wo ihm in dem siebenbürgischen Fürsten Jan Zápolya ein mächtiger Gegenspieler erwächst, sieht sich Ferdinand in eine jahrzehntelange, zermürbende kriegerische Auseinandersetzung mit einer hoch entwickelten osmanischen Militärmaschinerie verstrickt. Die nur von ebenso kurzen wie labilen Perioden des Friedens unterbrochenen Kämpfe, die am vorerst heftigsten 1551 bis 1562 und dann wieder im Dreizehnjährigen Krieg ab 1593 toben, werden die ungarische Tiefebene verheeren, die Landwirtschaft vernichten und die magyarische Bauernschaft in Abhängigkeit und Fron hinterlassen. Ein 1562 geschlossener – allerdings frühzeitig gebro- chener – Waffenstillstand verpflichtet Ferdinand zur Entrichtung gewaltiger Tributzahlungen und zum Verzicht auf weitere Herrschaftsambitionen in Transsylvanien.
Was auch immer die inneren wie äußeren Grenzen und Beschränkungen gewesen sein mögen – der „Erwerb“ Böhmens und Ungarns bedeutete einen enormen Machtzuwachs und Prestigegewinn des Hauses Habsburg, das durch die Vereinigung seiner alpenländischen Domänen ohnedies bereits das mächtigste Fürstengeschlecht des Reiches war.
Zur weiteren Absicherung seiner landesfürstlichen Autorität baute Ferdinand kontinuierlich eine effiziente Bürokratie auf. Im Sinne der Dynastie entstand so eine Behördenorganisation, die zur Basis künftiger Verwaltungspraxis werden sollte, darunter Hofkammer und Hofkanzlei. Als die wichtigste Gründung sollte sich aber der 1556 als oberste Militärbehörde installierte, permanente Hofkriegsrat erweisen, dessen Aufgabe es war, die militärischen Operationen gegen das Osmanische Reich effizient zu koordinieren. Schritt für Schritt wurde die sogenannte „Militärgrenze“ mit Selbstverwaltung und eigener Gerichts- barkeit eingerichtet und mit freien, den Grundherren nicht verpflichteten Wehrbauern vornehmlich aus Serbien, Bosnien und der Walachei besiedelt, die sich in Status und Selbstwert von der geknechteten Masse der hörigen, tribut- und robotpflichtigen Reâyâ* grundlegend abhoben. Die militarisierte Zone umfasste zunächst das kroatische, später das slawonische, Banater und siebenbürgische Grenzgebiet und erstreckte sich zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung Mitte des 19. Jahrhunderts über eine Länge von 1.850 Kilo- metern und eine Fläche von 50.000 Quadratkilometern.
* Reâyâ (serbokroatisch: Rajah) ist ein Sammelbegriff für alle abgabepflichtigen Untertanen im osmanischen Feudalsystem, vornehmlich Nomaden, Bauern, Handwerker und kleine Handelstreibende. Anwendung findet der Begriff im Besonderen auch auf die hörigen slawischen Bauern in Serbien, deren materielles und kulturelles Elend geradezu sprichwörtlich wurde. Im Zuge des Bündnisses Josephs II. mit Katharina II. gegen das Osmanische Reich ruft österreich 1788 die serbische Rajah zum Aufstand gegen die Türkenherrschaft auf, serbische Freischaren bekämpfen unter österreichischem Kommando den türkischen Lehensstaat. Wenn auch die reaktionäre Wende der österreichischen Politik im Gefolge der großen Französischen Revolution die serbische Rajah erneut preisgibt, so wird sie, in ihrem Selbstbewusst- sein enorm gestärkt, doch zum Nukleus eines südslawischen Nationalismus.
– Wolfgang Maderthaner –
*Reâyâ (serbokroatisch: Rajah) ist ein Sammelbegriff für alle abgabepflichtigen Untertanen im osmanischen Feudalsystem, vornehmlich Nomaden, Bauern, Handwerker und kleine Handelstreibende. Anwendung findet der Begriff im Besonderen auch auf die hörigen slawischen Bauern in Serbien, deren materielles und kulturelles Elend geradezu sprichwörtlich wurde. Im Zuge des Bündnisses Josephs II. mit Katharina II. gegen das Osmanische Reich ruft Österreich 1788 die serbische Rajah zum Aufstand gegen die Türkenherrschaft auf, serbische Freischaren bekämpfen unter österreichischem Kommando den türkischen Lehensstaat. Wenn auch die reaktionäre Wende der österreichischen Politik im Gefolge der großen Französischen Revolution die serbische Rajah erneut preisgibt, so wird sie, in ihrem Selbstbewusstsein enorm gestärkt, doch zum Nukleus eines südslawischen Nationalismus.
Waffenstillstand zw. Kaiser Ferdinand I. und Sultan Süleyman I.
Dokument 15
Urkunde zum Waffenstillstand zwischen Kaiser Ferdinand I. und Sultan Süleyman I., dem „Prächtigen“. 5. August 1562, Konstantinopel. Dargestellt in Gesamtlänge und in drei Ausschnitten.
Dokument 15
AT-OeStA/HHStA UR Türkische Urkunden 1 (1562 VIII 2)
Waffenstillstand zw. Kaiser Ferdinand I. und Sultan Süleyman I.
Dokument 15
Mit der guten, ewigen Hilfe Gottes, des
Erhabenen, der Seinesgleichen nicht hat, und
Seinem glückhaften, unaufhörlichen Beistand,
und unter dem Geleit der segensreichen
Wunder Mohammeds, des Gesandten Allāhs –
Allāh segne ihn und seine Familie und spende
Heil! –, des Sultans des Himmelsthrones,
des Fürsten des Thrones der Reiche, des
Ruhmvollen des Menschengeschlechts,
des Zwecks der Erschaffung der Menschen
der Welt, des Siegels aller Gesandten und
Propheten, des Vorbildes der Schar der
Reinen, meines nahen Vertrauten bei Allāh;
Dieser unser erhabener Vertrag wurde
geschrieben am strahlenden Ersten Tag
des geheiligten Monats Zü’l-hicce im Jahre
neunhundert neunundsechzig der Zeitrechung
nach der Hidschra unseres großen Propheten
und Gesandten – Allāh segne ihn und spende
Heil! – im Hause des hohen Sultanats, im
beschützten Kostantinīye.
Waffenstillstand zw. Kaiser Ferdinand I. und Sultan Süleyman I.
Dokument 15
Mit der guten, ewigen Hilfe Gottes, des Erhabenen, der Seinesgleichen nicht hat, und Seinem glückhaften, unaufhörlichen Beistand, und unter dem Geleit der segensreichen Wunder Mohammeds, des Gesandten Allāhs – Allāh segne ihn und seine Familie und spende Heil! –, des Sultans des Himmelsthrones, des Fürsten des Thrones der Reiche, des Ruhmvollen des Menschengeschlechts, des Zwecks der Erschaffung der Menschen der Welt, des Siegels aller Gesandten und Propheten, des Vorbildes der Schar der Reinen, meines nahen Vertrauten bei Allāh;
Tuğra („Süleymān Schāh Chān, Sohn von Selīm Schāh Chān, immer siegreich“)
Ich, der Sultan der Sultane des Ostens und Westens, Herrscher der Länder der Romäer, der Perser und der Araber, Held des Kosmos, Nerimān von Raum und Zeit, Pādischāh und Sultan des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres, der geehrten Ka’aba, des erleuchteten Medina, von Jerusalem, des Thrones von Ägypten – des Gelobten des Zeitalters –, des Landes Jemen, von Aden und Sana’ā, von Bagdad – dem Haus des Friedens –, von Basra und Lahsā, von Ktesiphon, des Landes Algier, von Azerbāydschān, der Qıptschakischen Steppe, der Länder der Tataren, von Diyarbakır, von Kurdistān und Luristān, von ganz Rumeli und Anatolien, von Karaman, der Walachei, der Moldau, Ungarns und außerdem vieler anderer angesehener Länder und Gebiete, Sultan Süleymān Chān, Sohn des Sultans Selīm Chān: Durch die Gnade Allāhs, des größten Herrn, wurden die Zügel der Weltherrschaft in den Griff meiner Macht gelegt, und die Zügel der Ländereroberung wurden meiner fähigen Hand übergeben. Der Raum zwischen den Horizonten ist insgesamt vom Beginn der Länder des Ostens und des Reiches China bis zum äußersten Westen der Erde von meinem welterobernden Schwert unterworfen worden. Da also die niedrigste Stütze meines glückhaften Thrones die Festung des Kaisers ist, und ein anderer Teil meines ererbten Reiches das Reich des Königs Alexander umfasst, ist die Oberfläche der Erde unter das himmelsgleiche Siegel meiner glücklichen Stellvertreter gelangt.
Du, der Ruhmvolle der großen christlichen Fürsten, der Erwählte der Großen der Geehrten in der messianischen Gemeinschaft, König Ferdinand, der Erwählte und Geehrte des Volkes von Rom, Imperator der Länder der Deutschen, König und Beherrscher der Tschechen, Slowenen, Kroaten und vieler anderer Länder: Ihr habt Euren Vertrag Eurem guten Wesir und rührigen Vertreter, Auyeryuz a-Busbeg (Augerius de Busbecq) gesandt, den ihr vordem als Botschafter zur Erneuerung der Freundschaft und zur Festigung der Zuneigung und Aufrichtigkeit an meine Pforte, die der Zufluchtsort der Sultane und der Hof der Glückseligkeit ist, die geküsst ist von den Lippen der Cäsaren der Zeit, an die Schwelle, die der Ort ist, zu dem sich die Hosrowen der Zeitalter drängen, gesandt habt. Euer erwähnter Gesandter hat dem Fuße unseres glückhaften Thrones unterbreitet, dass Ihr Folgendes mitgeteilt habt:
Jedes Jahr sind je dreißigtausend ungarische Dukaten an meine glückliche Schwelle zu senden, damit acht Jahre lang, beginnend mit dem ersten Tag des Monats Juni des Jahres eintausend fünfhundert und zweiundsechzig der Zeitrechnung des glanzvollen Propheten Jesus – über unserem Propheten und ihm seien Segen und Heil! – der Friede und die Sicherheit des Landes und Gebietes, der Untertanen und Menschen, und die zwischen uns bestehende Freundschaft befestigt und gesichert seien. Von den dreißigtausend ungarischen Dukaten, die vordem im fünfjährigen Freundschaftsvertrag (1547) vereinbart worden waren, von denen noch ein Rest von zwei Jahresraten ausständig ist, ist eine Jahresrate zu senden. Auch wenn Ihr gewiss seid, auf jene Orte Anspruch zu haben, die außerhalb Siebenbürgens liegen, die sich de facto aber in der Hand des Sohnes von König Johann befinden – seien sie auf ungarischem Gebiet oder diesseits beziehungsweise jenseits der Theiß gelegen –, so verzichtet Ihr auf Feindseligkeiten und auf Forderungen durch Gewalt und durch das Schwert innerhalb des achtjährigen Friedens; und auch der Sohn des Königs wird in diesen acht Jahren alle Bedingungen der Freundschaft in jeder Weise beachten: Er wird auf Feindschaft, auf Bedrückung eurer Untertanen verzichten, sie auch nicht in sein Land verschleppen; außerdem wird er auf Einfälle in Euer Land, Plünderung und Einnahme Eurer Festungen, auf den Wiederaufbau [von Befestigungen] verzichten, sowie Euer Vieh und Eure sonstige Verpflegung wegzunehmen, von Euren oder Eurer Leute Untertanen Zehent einzutreiben, sie zu versklaven oder zu bedrücken, sie mit der Drohung „Wir brandschatzen und rauben euch aus“ zu ängstigen und ihnen ihren Besitz wegzunehmen. Er solle dafür sorgen, dass dieser Waffenstillstand rechtmäßig beachtet werde; wenn er ihn aber nicht beachtet, so sollt auch Ihr nicht gezwungen sein, Geduld zu üben. Wenn innerhalb dieser Zeit bezüglich jener Orte, deretwegen Ihr mit dem Sohn des Königs im Streit liegt, auf beiderseitigen Wunsch eine Einigung angestrebt wird, so soll diese auf vernünftige Weise durchgeführt werden.
Palaži Mihal (Melchior Balassa), Niqola Batori (Nikolaus Báthory) und Eure anderen Beys, die Euch derzeit untertan sind, sind zusammen mit ihren Besitzungen und Orten, die sich in ihrer Hand befinden, von dem Tag an, an dem das Freundschaftspapier des Königssohnes unserem Befehl gemäß bei Euch eingetroffen ist, in die Bedingungen dieses Friedens und Abkommens eingeschlossen. Wenn Klagen über Angelegenheiten vorgebracht werden, die vor diesem Friedensvertrag vorgefallen sind, wenn etwa Personen unter Eurem Befehl beziehungsweise jenem des Königssohns oder deren lehenspflichtige Untertanen sich in bewegten Zeiten untereinander in feindliche Handlungen eingelassen haben sollten, wenn einige ihrer Orte eingenommen wurden, die wieder zurück gegeben werden sollen, falls sie sich noch in ihrer Hand befinden, so sollen ihre gegenseitigen Klagen und Streitigkeiten nicht angehört werden. Sollte es aber nach diesem Friedensschluss zwischen ihnen Streit geben und sollten sie diesen nicht einträchtig beilegen können, so mögen sich Eure Untertanen an Euch und unsere an uns wenden.
Am Donauufer nahe von Tata gibt es einige Dörfer, die seit alters her zu Komorn gehören: Diese sollen in ihrer alten Abhängigkeit bleiben, und die Besatzung der Festung von Tata soll sich in die Angelegenheiten der am diesseitigen Ufer gelegenen Dörfer von Komorn nicht einmischen. Wenn nach der Verkündung und Bekräftigung dieses Freundschaftsvertrags irgendeiner Eurer Untertanen einen unserer Untertanen gefangen nimmt, so soll dieser unverzüglich, ohne Gegenforderung, ohne Schaden und Verlust wieder zurückgeschickt (freigelassen) werden.
Es wurde verlangt, dass von meiner glückhaften Schwelle ein großherrliches Vertragswerk gewährt und die Bedingungen darin niedergeschrieben werden, damit vom erwähnten Datum an acht Jahre lang die Freundschaftsbedingungen und der Waffenstillstand von beiden Seiten gewahrt und gesichert werden, sodass im Rahmen dieser Freundschaft und Waffenruhe auch die Beylerbeys, Beys, Kapudan, Subaşı, Wojwoden und alle Angehörigen des siegreichen Heeres insgesamt in unseren wohlbehüteten Ländern eindringlichst davon in Kenntnis gesetzt und instruiert werden, damit keine zuwiderlaufende Handlungen geschehen, um – wie es sich gehört – die Freundschaft zu bewahren. In diese Freundschaft sind auch die Wojwoden der Moldau und der Walachei einbezogen. Euren Orten in den Euch gehörenden Gebieten Ungarns, Kroatiens, Sloweniens und Bosniens sowie in Euren übrigen Ländern soll – sei es vom Land, vom Meer oder von den Inseln aus – kein wie immer gearteter Schaden und kein Unheil zugefügt werden.
Wenn jemand von Euren Festungen, Kastellen und sonstigen Städten sich mit Gewalt oder List irgendeine Örtlichkeit aneignet, soll dieser bestraft und die Örtlichkeit an ihren Besitzer zurückgegeben werden. Und wenn jemand von den Untertanen beider Seiten flieht, soll nicht nur sein gesamter Besitz konfisziert, sondern auch er selbst soll ausgeliefert und bestraft werden, sodass er den anderen ein abschreckendes Beispiel sei; denn alle Güter eines Flüchtlings und Verräters sind Staatseigentum.
Wenn man im Rahmen Waffenstillstandes beabsichtigt, einige Eurer Plätze auszubessern, wiederherzustellen, Vorräte darin anzulegen und sie zu bewachen, dann soll Euch niemand daran hindern, wenn Ihr Eure Grenzen nicht überschreitet.
Euren Untertanen und Leuten in Ungarn und den Leuten in Euren Dörfern soll keinerlei Dienstpflicht abverlangt werden und man soll an sie keinerlei Forderungen stellen. Jeder Einzelne soll jenem Burgherrn, dem er zugehörig ist, Dienst leisten und ihm seine Abgaben entrichten. Denn oft mengt man sich ein und verängstigt sie, indem man sagt: „Wir werden brandschatzen, plündern und Gefangene machen!“, nimmt so ihre Steuern und lässt sie Dienste versehen. Die Untertanen einiger Orte haben bisher beiden Seiten Dienst geleistet, Steuern und Zehent abgeliefert: In der Art, wie sie bis jetzt Abgaben geleistet haben, sollen sie weiterhin beiden Seiten Abgaben leisten. Und es gibt einige Dorfgemeinschaften, die sich unter der Bedingung, dass sie nach ihren althergebrachten Sitten Abgaben erbringen, unterworfen haben; da nun aber zehnmal mehr als die [ursprünglichen] Steuer eingehoben wurde, sind sie verarmt und beginnen sich [aus ihren Dörfern] zu zerstreuen. Denjenigen, die die Steuer einheben, soll kundgetan werden, dass sie nur das einheben sollen, was zur Zeit der Unterwerfung festgesetzt worden ist, und nicht mehr.
Im Rahmen dieser Freundschaft sollen Eure ungarischen und anderen Untertanen nicht zu Gefangenen gemacht werden. Wenn es aber unvorhergesehen geschieht, sollen sie wieder freigelassen, gesund und wohlbehalten und ohne Lösegeld in ihre Heimat zurückgeschickt werden; sie sollen auch nicht verkauft oder verschenkt werden.
Wenn es notwendig ist, dass einige Eurer Leute oder Botschafter und Friedensunterhändler sich an meiner Hohen Pforte aufhalten, sollen sie genauso behandelt werden wie die Botschafter anderer [Herren]. So viele Dolmetscher sie auch wünschen, sollen von ihnen ernannt werden, und ihre Verwendung soll von niemandem gehindert werden. Niemand soll Eure Leute, die an unsere Hohe Pforte kommen, angreifen und belästigen, vielmehr soll ihnen Unterstützung gewährt werden.
Falls notwendig, mögen zur Festsetzung der Grenzen und zur Schlichtung von Streitfällen im Grenzgebiet vertrauenswürdige Leute von beiden Seiten entsendet werden, welche die vorgefallenen Rechtsangelegenheiten untersuchen und diejenigen bestrafen, die gegen den Vertrag handeln.
Da das Land oft und immer wieder nicht frei ist von Dieben und Räubern, von Umherstreifenden und von solchen, die die Freundschaft zerstören, soll Eurer Freundschaft durch deren Aufruhr kein Schaden erwachsen; und soweit es möglich ist, soll man sich bemühen, jene Erzverbrecher zu bestrafen. Sollte man sie am Ort ihres Verbrechens nicht ausfindig machen und ihrer nicht habhaft werden, so soll man – wohin immer sie ziehen – den zuständigen Autoritäten Nachricht schicken: Sie sollen festgenommen und ihren Verbrechen gemäß bestraft werden.
Die Grenzer haben es zu ihrer Gewohnheit gemacht, sich gegenseitig zum Kampf herauszufordern und zu töten. Daher soll von nun an eindringlich kundgemacht werden, dass sie sich nicht gegenseitig zum Kampf fordern und töten sollen.
Diese vorgebrachten Bedingungen sollen Grundlage für den wechselseitigen Waffenstillstand und den Frieden der Untertanen sowie für die Festigung der Freundschaft sein; diese Bedingungen sollen Euren Gebietskommandanten verkündet und bekannt gemacht werden, um in der notwendigen Form von Eurer Seite beachtet zu werden: Dazu verpflichtet Ihr Euch, und ebenso sollen sie von unserer Seite beachtet werden. Während der vereinbarten Zeit soll der Freundschaft kein Schaden zugefügt werden.
Da [Euer Gesandter] gemäß Eurem Wunsch unseren großherrlichen Vertrag begehrt hat, erließ ich dieses großherrliche gewaltige Vertragswerk. Solange von Eurer Seite, von Euren Beys und anderen Militärs nichts geschieht, was Grund zur Auflösung des Vertrags und Bündnisses beziehungsweise Ursache der Zerstörung von Treu und Glauben wäre, und solange Ihr von Euch vorgebrachten Bedingungen der Freundschaft gemäß dem Waffenstillstand beachten lasst, schwöre auch ich namens meiner erhabenen Majestät mit festen Eiden, dass um Gottes, des Schöpfers des Himmels und der Erde willen und um der Wunder unseres geliebten erhabenen Propheten willen von unseren Beylerbeys, Beys, Kapudan, Subaşı und Wojwoden und von allen siegreichen Militärs innerhalb der Grenzen der islamischen Länder sowie von Seiten des Königs İstefan (Johann Sigismund Szapolyai) von Siebenbürgen, das von meinen siegreichen Truppen und meiner strahlenden Macht erobert wurde, weiters von Seiten der Wojwoden der Walachei und der Moldau sowie meiner übrigen tributpflichtigen, ungläubigen Diener, die in diese Freundschaft einbezogen sind, innerhalb der Vertragsfrist die Euch gehörigen Länder, Gebiete und Untertanen, alle Orte, die Eurer Herrschaft unterstehen sowie die Grenzen in keiner Weise angegriffen und belästigt werden. Es soll weder Schaden und Unheil noch Bedrückung und Unheil geben. Kurz gesagt: Da es Euer Wunsch ist, dass innerhalb dieser [achtjährigen] Frist alles beachtet werde, was die Regeln der Freundschaft und Zuneigung verstärkt, so ist dies ebenso unser Wunsch. So Gott der Barmherzige will, wird nichts vorfallen, was gegen den Vertrag und das Bündnis gerichtet ist.
Euer erwähnter Gesandter hat bekannt gegeben, dass man die Freigabe einiger Gefangener fordert, die derzeit in den Händen des siegreichen islamischen Heeres festgehalten und gefangen sind. Nun haben die erwähnten Gefangenen um ihre Freilassung gebeten, eher Euer Gesandter diese Angelegenheit bekannt gegeben hat und ehe meine gewaltige Majestät eine gewissen Anzahl von Gütern gefordert hat, nachdem sie von sich aus baten und lamentierten: „Wir wollen zahlreiche Güter und einige der von uns gefangenen islamischen Soldaten übergeben.“ Da aber wegen ihrer Verbrechen eine Freilassung keinesfalls möglich und ihre Freilassung aus den Fesseln ausgeschlossen ist, wurde dies auch nicht berücksichtigt. Lediglich aus Achtung Euch gegenüber und aus Sorge um die muslimischen Gefangenen wurde unser erhabener Befehl erlassen, dass die geforderten Gefangenen zu Eurem erwähnten Gesandten geschickt und ihm übergeben werden, damit jene Gefangenen, die herauszugeben sie sich verpflichtet haben, ebenfalls an unsere glückhafte Pforte entsendet werden..
Dieser unser erhabener Vertrag wurde geschrieben am strahlenden Ersten Tag des geheiligten Monats Zü’l-hicce im Jahre neunhundert neunundsechzig der Zeitrechung nach der Hidschra unseres großen Propheten und Gesandten – Allāh segne ihn und spende Heil! – im Hause des hohen Sultanats, im beschützten Kostantinīye.